Landung im Libanon verweigert
Die Familie des libyischen Machthabers Muammar al-Gaddafi bereitet offenbar die Flucht vor. Einzelne Mitglieder des Clans wollten sich laut Medienmeldungen bereits ins Ausland absetzen. Sie sehen offenbar den Widerstand Al-Gaddafis gegen einen Rücktritt angesichts der Lage in dem Land als vergeblich an.
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Ein Privatjet mit der libanesischen Ehefrau eines der Söhne Al-Gaddafis an Bord durfte nicht auf dem Flughafen Beirut landen. Das berichtete ein libanesischer Radiosender am Mittwoch. Im Flugzeug der Frau von Hannibal al-Gaddafi waren auch andere Familienmitglieder.
Die libanesischen Flugbehörden weigerten sich am Dienstag, eine Landegenehmigung für den internationalen Flughafen in Beirut zu erteilen, nachdem Libyen die Identität der Insassen nicht preisgeben wollte. Die Behörden in Beirut sollen daraufhin den Piloten aufgefordert haben, seine Maschine in ein angrenzendes Land zu fliegen, entweder Syrien oder Zypern.
Fluchtversuch der Tochter nach Malta?
Am Mittwoch scheiterte offenbar ein zweiter Fluchtversuch aus dem Al-Gaddafi-Clan: Malta verweigerte einem Flugzeug der libyschen Fluggesellschaft „Libyan Arab Airlines“ die Landeerlaubnis und verstärkte den Airport mit Soldaten. Wie es hieß, hatte der libysche Flieger nur noch wenig Treibstoff.
Die Behörden des kleinsten EU-Staats wollten mehr Informationen über die Identität der Passagiere. Das Flugzeug soll 14 Menschen an Bord haben. Nach einem unbestätigte Bericht des arabischen Senders al-Jazeera soll die Tochter Al-Gaddafis an Bord der Maschine sein. Malta dementierte das.
Al-Gaddafi soll sich unterdessen mit vier Brigaden der Sicherheitskräfte auf dem Stützpunkt Bab al-Asisija in Tripolis verschanzt haben. Das verlautete am Mittwoch aus gut unterrichteten Kreisen in Tripolis.
Großteil des Landes in Hand Aufständischer?
Weite Teile Libyens sollen sich bereits in der Hand der Aufständischen befinden, wie diese selbst mitteilten. Eine unabhängige Bestätigung dafür gibt es nicht. Überall im Land seien Armee-Einheiten und Sicherheitskräfte übergelaufen, sagten ranghohe libysche Funktionäre, die auf Distanz zu Al-Gaddafi gegangen sind, am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Die Aufständischen beherrschten bereits 90 Prozent des Landes.
Al-Gaddafi habe die Kontrolle über den gesamten Osten verloren, sagte am Dienstag der einstige Major Hani Saad Mariaa, der zu einer Gruppe von Soldaten gehört, die sich im Zuge der Proteste von dem Staatschef abgewandt haben. Das Volk und die Armee arbeiteten in dem Gebiet „Hand in Hand“, sagte der frühere Major einem Korrespondenten der Nachrichtenagentur Reuters. Augenzeugen berichteten, in den östlichen Städten Bengasi und Tobruk seien die Vertreter der Staatsmacht entweder verschwunden oder hätten sich den Aufständischen angeschlossen.
Stamm sollte für Geld Al-Gaddafi helfen
Die Rebellen kontrollierten die libysche Seite der Grenze zu Ägypten, wie der Reporter berichtete. Auch Bengasi, wo der Aufstand vor gut einer Woche begann, ist Bewohnern zufolge inzwischen in der Hand der Demonstranten. Überall im Land seien Armee-Einheiten und Sicherheitskräfte übergelaufen, sagten ranghohe libysche Funktionäre, die auf Distanz zu Al-Gaddafi gegangen sind, der dpa.
Al-Gaddafi sucht unterdessen offenbar Verbündete im Ausland. Die Oppositionswebsite Libya al-Youm meldete, Ahmed Gaddaf al-Dam, ein Verwandter von Al-Gaddafi, habe in Ägypten versucht, den Volksstamm der Awlad Ali mit Geld für den Kampf gegen die Aufständischen zu ködern. Der inzwischen vor allem an der ägyptischen Mittelmeerküste und in der Oase Fajjum beheimatete Stamm, der seine Wurzeln in Libyen hat, soll dieses Ansinnen jedoch abgelehnt haben.
RSF: Informationsblackout
Die libyschen Behörden verfügten nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) einen „Informationsblackout“ über das nordafrikanische Land. Ähnlich wie in Bahrain und im Jemen sei die Lage für Journalisten zunehmend schwierig und auch bedrohlich. Internet- und Telefonleitungen würden immer wieder unterbrochen.
Italien: Bereits 1.000 Tote
In Libyen könnten laut italienischen Angaben bei dem gewaltsamen Vorgehen der Führung gegen Demonstranten schon bis zu 1.000 Menschen ums Leben gekommen sein. „Wir haben keine vollständigen Informationen über die Zahl der Todesopfer“, sagte Italiens Außenminister Franco Frattini am Mittwoch in Rom. „Wir gehen davon aus, dass Schätzungen von etwa 1.000 Toten glaubwürdig sind“, sagte der Minister. Er habe die italienische Botschaft in der libyschen Hauptstadt Tripolis so verstanden, dass sich die östliche Region des Landes, Cyrenaica, nicht mehr unter der Kontrolle der Führung von Al-Gaddafi befinde.
EU stoppt Waffenexport nach Libyen
Die 27 EU-Staaten haben den Export von Waffen nach Libyen gestoppt. „Wir haben erfahren, dass jeglicher Waffenhandel ausgesetzt ist“, sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch in Brüssel. Nach jüngsten Zahlen hatte Al-Gaddafi zuletzt von der EU jedes Jahr Waffen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro geliefert bekommen
Ban-Gespräch mit Al-Gaddafi
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon redete Al-Gaddafi nach UNO-Angaben bei einem 40 Minuten langen Telefonat ins Gewissen. „Ich habe ihm ganz klar gesagt, dass die Gewalt aufhören muss - auf der Stelle“, sagte Ban in der Nacht zum Mittwoch in Los Angeles und fügte hinzu: „Das war kein einfaches Gespräch“.
Angesichts der blutigen Unruhen forderten die Vereinten Nationen Al-Gaddafi auf, die Gewalt sofort zu stoppen. Gegen Menschen, die berechtigte Forderungen vorbrächten, dürfe nicht mit Waffen vorgegangen werden, heißt es in einer Erklärung, die nach einer Sondersitzung des höchsten UNO-Gremiums am Dienstagabend in New York veröffentlicht wurde.
„Als Märtyrer sterben“
Wenige Stunden zuvor hatte Al-Gaddafi in einer Fernsehansprache jedes Einlenken gegenüber seinen Gegnern abgelehnt und angekündigt, kämpfen zu wollen und bereit zu sein, als „Märtyrer“ zu sterben. Für die seit einer Woche anhaltenden Proteste gegen sein Regime machte er drogenkranke Jugendliche und ausländische Medien verantwortlich.
Al-Gaddafi forderte seine Anhänger auf, die Straßen zurückzuerobern. Landesweit sollten sie für ihn demonstrieren. „Geht alle auf die Straße“, rief er. Das libysche Staatsfernsehen zeigte bereits in der Nacht auf Mittwoch Bilder von demonstrierenden Al-Gaddafi-Anhängern in Tripolis.
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