Themenüberblick

Libyen hält Migranten von EU fern

Das lange als „Schurkenstaat“ isolierte Libyen ist einer der wichtigsten Erdöllieferanten Europas. Größter Abnehmer für libysches Öl ist Italien mit rund 40 Prozent vor Deutschland und Frankreich.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Auch für andere Staaten Europas gewann die seit 1969 von Muammar al-Gaddafi beherrschte „Sozialistische Libysch-Arabische Volks-Dschamahirija“ (Herrschaft der Massen) zunehmend Bedeutung als Handelspartner. Ölexporte dominieren mit 95 Prozent der Einnahmen die libysche Wirtschaft. Die nachgewiesenen Erdölreserven wurden Ende 2009 mit 44,3 Milliarden Barrel (je 159 Liter) angegeben. Für Österreich war Libyen zuletzt der wichtigste Handelspartner in Nordafrika.

Verbindung zu Terrorismus

Das Verhältnis des Westens zu Libyen war lange durch die Verstrickungen des nordafrikanischen Landes in den internationalen Terrorismus belastet. 1986 wurden drei Menschen bei der Explosion einer Bombe in der bei US-Soldaten beliebten Diskothek „La Belle“ in Berlin getötet. 1988 explodierte über dem schottischen Lockerbie ein US-Jumbo - 270 Menschen starben. Zahlreiche Staaten, die Europäische Union und die Vereinten Nationen verhängten Sanktionen gegen den „Schurkenstaat“.

Als sich Libyen 2003 für Lockerbie verantwortlich erklärte, hob der UNO-Sicherheitsrat seine Strafmaßnahmen auf. Kurz danach erklärte Al-Gaddafi Libyens Verzicht auf Massenvernichtungswaffen. 2007 vereinbarte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine militärische und atomtechnische Kooperation mit dem libyschen Diktator.

Enge Beziehungen mit Italien

Wenige Wochen nachdem Libyen 2008 Entschädigungszahlungen für die Opfer von Lockerbie und „La Belle“ zugesichert hatte, begannen die USA Verhandlungen über ein Handelsabkommen und eine Zusammenarbeit im Ölsektor. Eine besondere Partnerrolle in Europa hat Libyens einstige Kolonialmacht Italien. 2009 unterzeichneten Al-Gaddafi und Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein Freundschaftsabkommen.

Die Beziehungen zu Europa mussten immer wieder Rückschläge verkraften. Zuletzt geriet die Schweiz ins Visier Al-Gaddafis. Nachdem 2007 sein Sohn Hannibal und dessen Frau in Genf wegen der Misshandlung von Hausangestellten verhaftet worden waren, ließ der Staatschef im Gegenzug zwei Schweizer Geschäftsleute in Libyen festsetzen. Später rief Gaddafi zum „Dschihad“ gegen die Schweiz auf. Bis sich die Lage wieder entspannte, galt für den Schengen-Raum ein Einreiseverbot für 188 Libyer - darunter Al-Gaddafi.

Stoppt Migranten nach Europa

Nach Schätzungen von Experten versuchen jedes Jahr bis zu zwei Millionen Afrikaner, über Libyen nach Italien oder Malta zu reisen. Im Oktober 2010 vereinbarte die EU mit Al-Gaddafi eine „Migrationskooperation“. Bis 2013 soll Libyen 50 Millionen Euro erhalten - unter anderem für strengere Grenzkontrollen. Al-Gaddafi forderte allerdings unlängst für das Eindämmen der Flüchtlingsströme jährlich fünf Milliarden Euro - sonst lasse er das weiße, christliche Europa schwarz werden.

Links: