Themenüberblick

Geizen im Internet „geiler“?

Wer Geiz „geil“ findet, ist doch nicht „blöd, Mann“: Die Elektronikkonzerne Saturn und Media Markt haben die letzten Jahre mit Großetats und Vehemenz dafür gesorgt, dass Botschaften beim Kunden ankommen. Jetzt suchen beide Konzerne nach neuen Absatz- und Werbestrategien. Das Match um einen sehr großen Kuchen in der Branche soll eröffnet sein.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Geiz ist geil“ und „Ich bin doch nicht blöd“: Jahrelang trafen die beiden Elektronikketten mit millionenschwerer Werbung den Nerv der Verbraucher. Umsätze und Gewinne sprudelten, und beide Ketten wurden zum Motor für den Konzern, zu dem sie gehören, der Metro-Gruppe.

Doch in Zeiten, in denen die Kunden zunehmend auf Preisvergleichsseiten im Internet nach dem besten Angebot suchen, stehen die beiden Elektronikketten vor neuen Herausforderungen. Sie wollen auf eine Onlineoffensive setzen und suchen nach neuen Werbelinien. Laut Branchenmedien trennten sich sowohl Media Markt als auch Saturn in Deutschland binnen kurzer Zeit von ihren bisherigen Werbeagenturen, kempertrautmann bzw. Scholz und Friends. Die Agenturen zeichneten für die Werbelinien verantwortlich, die mit Abstrichen auch für Österreich galten. In Deutschland waren sie um Promis wie Mario Barth und Bill Kaulitz von Tokio Hotel angereichert.

Es geht um große Werbeetats

Laut Branchenmedien stehen nun Agenturen Schlange. Allein in Deutschland werfen Media Markt und Saturn so viel Werbegeld in den Ring wie kaum jemand. 51 Millionen Euro habe die Media-Saturn-Holding im vergangenen Jahr laut Nielsen Media Reserach im Bereich Werbung ausgegeben. Das ist im Bereich der Konsumgüterindustrie mehr, als etwa Procter & Gamble und die Aldi-Gruppe ausgeben.

Änderungen zum Jahreswechsel

Mit 2011 sind neue Verhältnisse an der Spitze der Media-Saturn-Holding angebrochen: Zum Jahresende wird der Chef der Holding in Ingolstadt, Roland Weise, seinen Hut nehmen. Sowohl Media Markt als auch Saturn haben die Verträge mit ihren Werbeagenturen gekündigt. Künftig wolle man in der Werbung verstärkt multimediale Wege gehen und zunächst unterschiedliche Agenturmodelle prüfen, hieß es noch im Jänner. Der Werbespruch „Ich bin doch nicht blöd“ ist seit 15 Jahren im Einsatz.

Metro-Chef Eckhard Cordes dringt vor allem darauf, dass Europas größte Elektronikfachmarktkette im wachsenden Internethandel stärker Fuß fasst. So soll verhindert werden, dass Kunden zur Onlinekonkurrenz abwandern. Zum Jahresende war Weise vorzeitig aus dem Unternehmen ausgeschieden.

Zu später Einstieg ins Onlinegeschäft?

Schwierigkeiten mache die Umsetzung der im Grundsatz beschlossenen Internet-Handelsplattform, berichtete unlängst das „Manager Magazin“. Die Onlinepläne von Cordes stießen auf Widerstände, da die rechtlich selbstständigen Media-Markt- und Saturn-Geschäfte ihre Preise selbst festlegen. Einheitliche, womöglich niedrigere Preise im Internet würden den örtlichen Märkten schaden, deshalb gebe es in den Regionen starke Ablehnung.

Nur mit Tiefstpreisen kann man in Preissuchmaschinen im Internet vorn sein: Das hat im vergangenen Jahr schmerzlich die Verbundgruppe ElectronicPartner (EP) zu spüren bekommen. Sie schloss im Frühjahr 2010 ihren Netshop nach Konflikten mit selbstständigen Händlern. Sie geht jetzt einen anderen Weg. Der neue Onlineauftritt soll dazu anregen, zum EP-Händler im jeweiligen Ort zu gehen.

Versuch eines Spagats

Auch andere Handelsriesen drängen ins Internet: Die REWE-Tochter ProMarkt startete Anfang Oktober 2010 einen Onlineshop. „Multichannel-Handel“ heißt in der Branche das Zauberwort - Kunden sowohl im Geschäft als auch im Internet begeistern und nicht an die Konkurrenz verlieren.

Media-Saturn wird sich ebenfalls der rasanten Entwicklung der Internetgeschäfte nicht mehr lange verschließen können. In einem Interview mit dem „Handelsblatt“ hatte Weise-Nachfolger Horst Norberg bereits angekündigt, dass Media-Saturn noch in diesem Jahr online gehen will, wenn alles gut läuft. „Wir sehen hier eher Chancen, dem stationären Handel zusätzliche Impulse zu geben“, betonte er.

Links: