„Pommes-Stand ist Minibelgien“
Die niederländischsprachige Bevölkerung in Flandern und die französischsprachigen Wallonen trennt nicht nur die Sprache. Beide belgischen Landesteile haben eigene Medien, Parteien und Interessen. Einzig das belgische Fußballteam, das belgische Bier und die belgischen Pommes frites einen das Land.
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Nach dem Symbol für Belgiens Einheit, den traditionellen Pommes-frites-Ständen - „Frietkot“ für die Flamen und „Baraque a frites“ für die Wallonen - muss man allerdings immer mehr suchen.
Die Pommes-frites-Stände, ähnlich dem Wiener Würstelstand, müssen zusehends strengeren Hygienenormen aus der EU und Initiativen zur Stadtverschönerung weichen. Immer wieder werden vonseiten der Stadtplanung die teilweise schmierigen Verkaufsstände kritisiert. Die Bevölkerung ist zunehmend erbost darüber. In ihrem Protest gegen das Verschwinden dieses Symbols stellen Flamen und Wallonen Einigkeit unter Beweis.
Vergleich mit „French Fries“ verpönt
„Der Pommes-Stand ist Minibelgien“, ist Bernard Lefevre, Präsident des belgischen Verbandes der Pommes-Anbieter (UNAFRI), überzeugt. Ein Vergleich mit den sonst üblichen „French Fries“ ist bei den Belgiern verpönt.

Reuters/ Francois Lenoir
Ein traditioneller Pommes-frites-Stand in Brüssel
Die belgischen Pommes frites unterscheiden sich nicht nur durch ihre Größe von den sonst üblichen Pommes frites. Ein eigenes Blog über das belgische Nationalgericht definiert die entscheidenden Kriterien für die belgische Variante: frisch geschnitten, mindestens zehn Millimeter dick, aber mit unregelmäßigen Größen und Formen. Sie werden zweimal gebraten, sind innen weich und außen knusprig. Serviert werden sie meist in einem Papierstanitzel.
Waren noch vor Jahren Tausende Pommes-frites-Stände zwischen Brügge und Charleroi, Antwerpen und Lüttich im Pommes-Geschäft, waren laut UNAFRI Anfang des Jahres weniger als 1.500 Verkaufsstände übrig geblieben.
Proteste gegen Schließungen
Der Pommes-Stand von Thierry van Geyt in Brüssel etwa besaß Kultstatus. Er musste seinen mit Graffiti beschmierten Verkaufsplatz schließen. „Es ist wahr, dass meine alte Frittenbude nicht sehr ansprechend für das Auge war. Die Gesundheitskontrollen sind anspruchsvoll, es ist, als müsste alles so aussehen wie bei McDonald’s“, sagte Van Geyt im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.
Die Schließung wollten seine Kunden nicht hinnehmen. Mit einer Internetpetition und einer Facebook-Kampagne erzwangen sie eine Wiedereröffnung für Van Geyts Pommes-frites-Stand in einem neueren Haus.
Pommes-Stand „etwas Heiliges“
Zu sehr auf die Hygiene zu pochen kann aber auch Wählerstimmen kosten. Diese Erfahrung musste der Bürgermeister des flämischen Ortes Eeklo, Koen Loete, machen. Zwei „Frietkots“ sollten vom Hauptplatz verschwinden. 800 Protestmails wehrten sich dagegen. Im Rathaus wurde - unter Renovierungsauflagen - der Weiterbetrieb letztlich erlaubt. Die Bedeutung der Pommes-frites-Stände auch für die Politik wurde dem Eekloer Bürgermeister deutlich vor Augen geführt: Ein Pommes-Stand sei „etwas Heiliges“.
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