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Pannen auch nach 9/11

Der Ruf der Central Intelligence Agency (CIA), 1947 zur Zeit des Kalten Krieges geschaffen und lange der bekannteste US-Spionagedienst, ist durch einige Pannen und Fehler angeschlagen, wenn nicht gar ruiniert. Eine ausnehmend schlechte Figur machten die Agenten im Vorfeld der Terroranschläge vom 11. September 2001.

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Damals wurden Hinweise auf drohende Gefahren verschlampt, verschleppt und nicht ernst genommen. Das Terrornetz Al-Kaida sei völlig unterschätzt worden, hieß es in Berichten. Wenig rühmlich war auch die Rolle der CIA in puncto angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak, die 2003 als Begründung für den Irak-Krieg herhalten mussten. Die Pleiten und Pannen führten dann zur großen „Geheimdienstreform“ in den USA im Jahre 2004.

Das große Problem mit den Informationen

Doch auch danach passierten dem wichtigsten Auslandsgeheimdienst der USA weiter Pannen. Die CIA und auch die andere US-Geheimdienste wehrten sich allerdings immer gegen die Anschuldigungen und sehen das Problem in der Informationsflut. Wer solle die ganzen Daten denn verarbeiten und verknüpfen - ein Fehler, der auch bei der Einschätzung der Lage in Ägypten passierte. So wurde von US-Politikern kritisiert, dass offene Quellen wie Facebook und Twitter gar nicht oder nur unzureichend gescannt und in die Berichte über die aktuelle Lage so gut wie nicht eingebaut worden waren.

Doch auch das „klassische“ Datensammeln und Verknüpfen funktionierte offenbar nicht. So konnte zu Weihnachten 2009 ein Anschlag nur knapp verhindert werden - ohne Zutun der CIA allerdings.

Von Passagieren überwältigt

Der Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab hatte an Bord einer Northwest-Airlines-Maschine mit 290 Menschen an Bord kurz vor der Landung in Detroit zu Weihnachten 2009 einen Sprengsatz zu zünden versucht. Die Zündung misslang, der Nigerianer wurde von Passagieren und Besatzungsmitgliedern überwältigt.

Das Pikante an dem nur knapp vereitelten Anschlag: Abdulmutallab war seit Ende November in einer US-Datenbank mit rund 550.000 Terrorverdächtigen registriert. Und auch sein Vater hatte die Behörden gewarnt. Dennoch wurden für Abdulmutallab weder verschärfte Kontrollen noch ein Flugverbot vorgeschrieben. Abdulmutallab hatte zuvor mehrere Monate im Jemen verbracht, wahrscheinlich in einem Ausbildungslager von Al-Kaida.

Öffentliche Ohrfeige für Obama

US-Präsident Barack Obama reagierte unverhohlen wütend. „Potenziell katastrophale“ Fehler, „Mängel im System“, „nicht hinzunehmen“, - selten zuvor erhielten die US-Geheimdienste eine derartige öffentliche Ohrfeige. Die Beinahekatastrophe von Detroit, sagte Obama, hätte verhindert werden können - wenn die Warnsignale gehört und weitergeleitet worden wären.

Die Führung der US-Geheimdienste räumte selbst schwere Versäumnisse im Zusammenhang mit dem versuchten Anschlag ein. Der oberste US-Geheimdienstkoordinator sprach von einem „kollektiven Versagen“ der Dienste, die Hinweise nicht hinreichend gewürdigt hätten. Abdulmutallab „hätte niemals das Flugzeug (in Amsterdam) betreten dürfen“.

„Analytiker haben Fragmente nicht verstanden“

Die Geheimdienstspitzen räumten ein, dass es sowohl Hinweise auf den Attentäter als auch auf das geplante Attentat gegeben habe. „Die Geheimdienstanalytiker haben die Informationsfragmente aber nicht verstanden“, erklärten sie in einem gemeinsamen Statement. „Es gab nichts, was das alles zusammengeführt hätte.“

Die Geheimdienstchefs wiesen zugleich darauf hin, wie schwierig es sei, aus der Flut der Daten die wirklich wichtigen Informationen herauszufiltern und zusammenzusetzen. Täglich seien Tausende neuer Informationsbruchstücke auszuwerten, im Schnitt würden pro Tag Hunderte Namen neu auf die Liste der Terrorverdächtigen gesetzt.

Tödlicher Anschlag auf CIA-Geheimbasis

Ende Dezember 2009 endete eine Fehleinschätzung für sieben CIA-Agenten tödlich. Es war der schwerste Verlust der CIA seit dem Anschlag auf einen Militärstützpunkt in der libanesischen Hauptstadt Beirut 1983, als acht Agenten umkamen. Insgesamt waren damals 241 US-Bürger und 58 Franzosen gestorben.

Bei dem Anschlag auf den Geheimstützpunkt Forward Operation Base Chapman konnte der Attentäter ungehindert an die Basis kommen. Der Attentäter, der von der CIA als wichtiger Informant eingestuft worden war, hatte sich im Eingangsbereich der Chapman-Militärbasis in die Luft gesprengt, als er durchsucht werden sollte.

Geheimdienstexperten in Washington schüttelten den Kopf darüber, dass ein angeblicher Informant mit Einladung, aber ohne vorherige zusätzliche Sicherheitsprüfung überhaupt so weit in die schwer bewachte Anlage, wo sich auch Mitarbeiter aufhalten, gelangen und dort seine Sprengstoffweste zünden konnte.

„Defizite“ und „Managementfehler“

CIA-Direktor Leon Panetta räumte später in einer Erklärung an die Mitarbeiter des CIA Fehler ein. Er machte „Defizite“ und „Managementfehler“ in der gesamten Behörde dafür verantwortlich. Wie ein US-Geheimdienstvertreter der Nachrichtenagentur AFP später sagte, hatten jordanische Stellen die CIA im Vorfeld bereits vor der möglichen Doppelagententätigkeit des Mannes gewarnt. Der Mann, wurde demnach in das Lager gelassen, weil er Informationen über Top-Al-Kaida-Terroristen liefern sollte.

Der Mann sei wegen Al-Kaida-Kontakten festgenommen und inhaftiert und dann vom jordanischen Geheimdienst rekrutiert worden. Wie die „New York Times“ unter Berufung auf westliche Regierungsbeamte berichtete, hatte der jordanische Geheimdienst den Doppelagenten darauf angesetzt, die Al-Kaida zu unterwandern und deren „Nummer zwei“, den ägyptischen Arzt Ayman al-Sawahiri, aufzuspüren. Der Doppelagent habe mehrere Monate in Afghanistan und Pakistan verbracht und die USA offenbar mit Informationen versorgt, die Al-Kaida ihm bewusst überlassen habe, so US-Medien.

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