Vater des Amokläufers von Winnenden muss nicht in Haft

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Knapp zwei Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden hat das Landgericht Stuttgart entschieden, dass der Vater des Täters nicht ins Gefängnis muss. Das Gericht verurteilte den 52-jährigen Unternehmer heute unter anderem wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Er blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die zwei Jahre auf Bewährung verlangt hatte.

Der Sportschütze, der das Urteil anhörte, hatte die Pistole, mit der sein Sohn 15 Menschen und sich selbst erschoss, unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt. Der 17-jährige Tim K. verübte das Massaker am 11. März 2009 in seiner früheren Realschule in Winnenden und auf der Flucht nach Wendlingen. Es war der erste Prozess in Deutschland, bei dem ein Unbeteiligter nach einem Amoklauf vor Gericht stand und verurteilt wurde.

Das Gericht sprach den Vater der 15-fachen fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung in 14 Fällen schuldig, außerdem habe er gegen das Waffengesetz verstoßen. Die Verteidiger hatten sich am Ende des knapp sechsmonatigen Prozesses gegen eine Strafe ausgesprochen. Sie verwiesen darauf, dass der Angeklagte und seine Familie selbst unter den Folgen des Amoklaufs litten.

Gemischte Erwartungen

Die meisten vor Gericht als Nebenkläger vertretenen Hinterbliebenen hatten eine Haftstrafe für den Angeklagten verlangt. „Und wenn es nur für ein Vierteljahr ist, aber er muss ins Gefängnis“, sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden, Hardy Schober, vor dem Urteil. Schober hatte seine Tochter bei dem Massaker im März 2009 verloren.

Die Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Gisela Mayer, sagte vor dem Urteil: „Es gibt keine Gerechtigkeit, die diesen 15-fachen Mord in irgendeiner Weise sühnen könnte.“ Allerdings sitze auf der Anklagebank nicht der Amokläufer, sondern sein Vater. Die Vorsitzende der Stiftung kritisierte, dass das Waffengesetz bis heute nicht wirklich verschärft worden sei. Im ZDF hatte sie aber auch die mangelnde Kooperationsbereitschaft des Vaters in der Aufarbeitung der Tat kritisiert.