Deutlich zu wenige Frauen
Wie viele Frauen braucht die Wirtschaft? Nachdem die EU-Kommission gestern eine höhere Frauenquote in Führungspositionen gefordert hat, wird das Thema auch in Österreich heftig diskutiert. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) forderte am Dienstag erneut eine freiwillige Selbstverpflichtung. Sollte das nicht erreicht werden, droht sie mit gesetzlichen Vorgaben.
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Auf EU-Ebene wird wieder heftig über eine Frauenquote für Aufsichtsräte großer Firmen diskutiert. EU-Justizkommissarin Viviane Reding hatte am Montag in Brüssel eine Frauenquote für die Aufsichtsräte großer Firmen gefordert. Konkret soll der Anteil weiblicher Aufsichtsräte bis 2015 bei 30 Prozent und bis 2020 bei 40 Prozent liegen. Sollten die Konzerne bis Jahresende nicht selbst aktiv werden, will die Kommission rechtliche Vorgaben machen.
90 Prozent Männer in Aufsichtsräten
In Österreich sind Zahlen von 30 oder gar 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten noch weit entfernt. Derzeit sind rund 90 Prozent der Aufsichtsratsmandate mit Männern besetzt. Einen gesetzlichen Zwang für mehr Frauen in den obersten Gremien lehnt Heinisch-Hosek aber ab. Sie setzt auf Freiwilligkeit und wird dabei von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) unterstützt.
Kodex für Firmen
Die aktuell gültige Fassung des österreichischen Corporate-Governance-Kodex fordert die Unternehmen auf, in ihrem Corporate-Governance-Bericht jene Maßnahmen aufzuführen, „die zur Förderung von Frauen im Vorstand, im Aufsichtsrat und in leitenden Stellen gesetzt wurden“.
Heinisch-Hosek will mit dem Wirtschaftsministerium darüber verhandeln, eine entsprechende Regelung in den „Benimmregeln“ für börsennotierte Firmen (Corporate-Governance-Kodex) zu verankern. „Der europäische Zug, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, ist längst angerollt und losgefahren. Österreich steht da leider noch im Bahnhof, und da müssen wir endlich aufspringen“, sagte Heinisch-Hosek am Rande des Ministerrats.
Für Staatsfirmen soll die Frauenquote ebenfalls gelten. Demnach soll für Aufsichtsräte bis 2013 ein Frauenanteil von 25 Prozent erreicht werden, in acht bis zehn Jahren sollen es 40 Prozent sein.
Gesetzlicher Druck frühestens ab 2014
Sollte die freiwillige Selbstverpflichtung nicht greifen, dann strebt Heinisch-Hosek für das Jahr 2014 eine gesetzliche Regelung an. Dass sie eine gesetzliche Regelung nicht sofort angeht, begründet die Ministerin mit dem Widerstand des Koalitionspartners: Sie habe mit dieser Idee nicht gerade „offene Türen eingerannt“. Die ÖVP ist vorerst nur für eine freiwillige Selbstverpflichtung verhandlungsbereit. Mitterlehner ist aber „zuversichtlich, dass wir das Thema in den nächsten Wochen lösen können“.
Heftige Debatte in Deutschland
Von einer Diskussion, wie sie derzeit in Deutschland zu diesem Thema geführt wird, ist Österreich aber noch weit entfernt. Dort kommen die Regierungsparteien auf keinen gemeinsamen Nenner. Sowohl CSU als auch FDP lehnten eine gesetzliche Quote kategorisch ab. Innerhalb der CDU gehen aber die Meinungen weit auseinander. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will eine feste Quote per Gesetz durchsetzen. Ihre Kabinettskollegin, Frauenministerin Kristina Schröder (CDU), ist dagegen und plädierte erneut für eine flexible Lösung. Einig sind sich die Koalitionäre - wie auch in Österreich -, dass in den Führungsgremien der Wirtschaft zu wenige Frauen sitzen.
Vorbild Norwegen
Norwegen führte 2003 eine Frauenquote für Aufsichtsräte ein. Der Frauenanteil ist dort von sieben Prozent im Jahr 2004 auf 42 Prozent im Jahr 2009 gestiegen. Spanien folgte 2007 mit einer ähnlichen Regelung.
Frankreich prescht vor
Als Vorbild für Österreich und Deutschland könnte Frankreich dienen. Dort wurde im Jänner bereits per Gesetz eine Frauenquote in den Führungsetagen großer Unternehmen festgelegt. Bis 2017 sollen 40 Prozent weiblich sein, legte das Parlament fest. In einem ersten Schritt soll die Frauenquote bis 2014 auf 20 Prozent angehoben werden.
Die Unternehmen, die bisher keine Frau in der Führungsetage haben, sollen spätestens sechs Monate nach Verabschiedung des Gesetzes eine ernennen. Die Vorschrift, die bereits den Senat passiert hat, gilt für die 650 börsennotierten Unternehmen sowie alle Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten oder mehr als 50 Millionen Euro Umsatz.
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