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„Die Schöne, sie ist gekommen“

Nofretete ist seit fast 100 Jahren ein Liebling der Berliner. Aber fast genauso lange hält auch schon der Streit über die Rückgabe der rund 3.300 Jahre alten, 50 Zentimeter hohen Kalksteinbüste der Hauptgemahlin des ägyptischen Sonnenkönigs Echnaton an.

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Die Büste der „Nefret-iti“, wie die korrekte Umschreibung der hieroglyphischen Form des Königinnennamens eigentlich lautet (für „die Schöne, sie ist gekommen“) wurde bei Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in den Ruinen der altägyptischen Stadtanlage von Amarna gefunden, wohin sich das Königspaar im 14. Jahrhundert v. Chr. im Zuge religiöser Auseinandersetzungen von Theben aus zurückgezogen hatte.

Die Kalksteinbüste wurde 1913, als noch niemand an ein Ausfuhrverbot dachte, vom Osmanischen Reich dem Ausgräber und damit dem Finanzier, dem Berliner Großkaufmann und Kunstmäzen James Simon, überlassen. Ein Inspektor des ägyptischen Antikendienstes hatte die Büste bei der vereinbarten Teilung des Fundes der deutschen Seite zugesprochen.

1920 Preußen geschenkt

Simon stellte die Büste zunächst jahrelang als sein persönliches Eigentum nur in seinem Berliner Haus auf, bevor er sie 1920 mit den anderen Amarna-Funden dem preußischen Staat schenkte, der sie von 1924 an im Vorderasiatischen Museum auf der Museumsinsel ausstellte. Das rief prompt die ägyptische Regierung auf den Plan, die eine Rückgabe forderte. Der damalige neue preußische Ministerpräsident Hermann Göring wollte Nofretete dann tatsächlich am 10. Oktober 1933 zum Jahrestag des Regierungsantritts von König Fuad I. an Ägypten zurückgeben, worum ein Machtkampf auf höchster Ebene des NS-Regimes entbrannte.

Pendant zur Hitler-Büste?

Hitler wollte schließlich von einer Rückgabe nichts mehr wissen und schwärmte von diesem „Juwel“, für das er in der künftigen „Welthauptstadt Germania“ sogar ein eigenes Museum bauen wollte - mit der Nofretete allein in einer Kuppelhalle und einer „Führerbüste“ nicht weit davon entfernt. Es gab damals viele Befürworter einer Rückgabe, auch unter Kunstexperten, die die von Ägypten im Tausch angebotenen Statuen für noch wertvoller hielten.

Bald darauf begannen unruhige Zeiten für die jahrtausendealte Königin. Bei den ersten Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg kam sie zunächst in den Keller der Preußischen Staatsbank am Gendarmenmarkt, von dort zusammen mit dem „Schatz des Priamos“ in den Flakbunker am Zoo und schließlich in eine Saline im thüringischen Kaiserroda, wo sie in die Hände der Amerikaner fiel.

Seit 1956 wieder in Berlin

1956 gelangte die Büste nach Berlin, diesmal in den Westteil der Stadt, wo sie seitdem neben dem Pergamonaltar eine der berühmtesten Museumsattraktionen Berlins ist - der in Abständen ebenfalls immer wieder zurückgefordert wird (von der Türkei). Nach dem Wiederaufbau des Neuen Museums kehrte die Büste 2009 an ihren alten Standort auf der Museumsinsel zurück und sorgte dort für einen enormen Besucheransturm: Innerhalb von einem Jahr wollten mehr als 1,2 Mio. Besucher die geheimnisumwobene Büste sehen.

Mehrmalige Versuche der Ägypter, die Statue auszuleihen, schlugen fehl, stets weigerte sich Deutschland - wohl auch aus Angst, den wertvollen Kunstschatz nicht mehr zurückzubekommen -, eine Ausfuhr zu genehmigen. Untersuchungen der Staatlichen Museen zu Berlin hätten ergeben, dass der Transport und auch nur geringfügige Klimawechsel „zu Veränderungen und Verlusten an den Materialien der Figur führen können“, heißt es in einer offiziellen Erklärung.

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