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Wurde jahrelang gedeckt

Es war einmal ein Waffenhändler in einem Hollywood-Streifen, gespielt von Nicolas Cage, der mit seiner Ruchlosigkeit das Gruseln lehrte. „Es gibt weltweit mehr als 550 Millionen Schusswaffen, etwa für jeden zwölften Menschen eine. Bleibt nur die Frage: Wie bewaffnen wir die anderen elf?“, sagt er in dem Film von 2005 lächelnd.

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So einer ist nach Überzeugung der US-Justiz im echten Leben der Russe Viktor Bout. Als „Händler des Todes“ war er über Jahre berüchtigt. Niemand schaffte es lange Zeit, ihn zu fassen. Bout soll Diktatoren und Rebellenarmeen in aller Welt jahrelang mit Waffen aller Art beliefert haben. Er selbst hat das stets entrüstet von sich gewiesen.

„Ich habe noch nie mit Waffen gehandelt“, sagte er nach seiner Festnahme in Thailand im März 2008. „Es gibt keinerlei Beweise für die Vorwürfe.“ Dagegen sprechen allerdings Hunderte Seiten Ermittlungsdossiers, unter anderem auch bei den Vereinten Nationen.

„In allen Konfliktzonen Afrikas“

Ermittler bezeichneten Bout im Jahr 2000 als einen der großen Fische im illegalen Geschäft. „Früherer Luftwaffenoffizier unter starkem Verdacht, Verbindungen zur organisierten Kriminalität in Russland zu haben“, heißt es in einem UNO-Bericht aus dem Jahr 2001. „Hat die größte Flotte privater Antonow-Flugzeuge in der Welt, hat Militärmaterial in allen Konfliktzonen in Afrika geliefert, war 1999 bei mehreren Waffenherstellern in Bulgarien“, und so weiter.

Bout habe sich wahrscheinlich nur dank bester Beziehungen zu zahlreichen Geheimdiensten so lange jahrelang schadlos halten können, meinte der russische Militärexperte Pawel Felgenhauer in einem Interview mit „Radio Swoboda“. „Sonst hätte er sich wohl kaum jahrelang nicht nur in Russland, sondern auch im Ausland frei bewegen können, trotz eines internationalen Haftbefehls“, meinte er.

Anfang mit Schnittblumen

Bout, 1967 in Duschanbe in Tadschikistan geboren, war beim Militärgeheimdienst, als die Sowjetunion zerfiel. Er roch die Chance, kaufte alte Flugzeuge und heuerte Piloten an. Schnittblumen waren seine erste Fracht. Schnell kamen andere Sachen dazu: Nahrungsmittel, Elektrogeräte, Maschinen. Ob Kunden dann auch mal Waffen in der Fracht versteckt haben, will Bout nie bemerkt haben.

Allerdings liest sich seine Kundenliste wie das „Who is Who“ der Diktatoren- und Rebellenwelt. Der Präsident Liberias Charles Taylor ist darunter, der berüchtigte Rebellenführer Jean-Oerre Bemba im Kongo, Rebellengrößen aus Angola und Nigeria.

Er soll Kindersoldaten in Sierra Leone mit Waffen versorgt haben, die FARC-Rebellen in Kolumbien, die Taliban in Afghanistan. Und schließlich machte er auch Geschäfte mit der US-Regierung: Nach Angaben der Jamestown-Stiftung in Washington flog Bout in den ersten Monaten des Irak-Kriegs in ihrem Auftrag Waffen nach Bagdad.

Lockangebot als Falle

Irgendwann nach dem Terroranschlägen 2001 wendet sich das Blatt. Ermittler heften sich an seine Spur, Bouts Maschinen geraten ins Zwielicht. Der Geschäftsmann zieht sich nach Russland zurück, lebt dort mit Frau und Kind in einer Luxuswohnung und zieht die Fäden höchstens noch aus der Ferne. Dem „Spiegel“ berichten Freunde und Weggefährten von einem aufrechten Familienvater, der für die Rettung Afrikas und des Regenwaldes ist.

Doch dann packt ihn wohl noch einmal der Ehrgeiz, als vermeintliche FARC-Rebellen aus Kolumbien ein Millionengeschäft vorschlugen. Er ließ sich auf ein Treffen in Bangkok ein. Die Falle der US-Agenten schnappte im März 2008 zu, als Bout ihnen versicherte, dass seine Boden-Luft-Raketen sich gut zum Abschuss amerikanischer Flugzeuge eigneten. Lange wehrte sich Bout gegen eine Auslieferung in die USA. Diese erfolgte dann im November 2010.

Christiane Oelrich, dpa

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