Betrüger profitieren von Klimaschutz
Der Umsatzsteuerbetrug mit CO2-Emissionszertifikaten ist weiter eines der Hauptthemen, mit denen sich die europäische Polizeibehörde Europol herumschlagen muss. Allein 2010 wurden mehr als 100 Verdächtige festgenommen, die sich in dieser Kriminalitätsform, hinter der mafiöse Organisationen stecken, betätigt haben sollen, zog Europol zu Jahresende Bilanz. Der Schaden geht in die Milliarden Euro.
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Die jüngste Aktion ging in Italien über die Bühne. Laut Europol führte die Guardia di Finanza unter Leitung der Mailänder Staatsanwaltschaft am 17. Dezember Aktionen gegen rund 150 Unternehmen in acht Regionen Italiens durch. Zuvor hatte die italienische Stromhandelsbörse den gesamten Handel mit Emissionszertifikaten aufgrund einer sehr hohen Zahl an verdächtigen Transaktionen ausgesetzt. Der Umsatzsteuerverlust durch diese Machenschaften wurde allein auf 500 Millionen Euro geschätzt.
Missing Trader IntraCommunity Fraud (MTIC), wie der Karussellbetrug offiziell heißt, ist eine der die Ermittler derzeit am intensivsten beschäftigenden Kriminalitätsformen. Experten der Polizeibehörde wiesen bereits im Juni des Vorjahres darauf hin, dass auch der CO2-Emissionshandel von den Kriminellen für den Umsatzsteuerbetrug genutzt wird. Ende 2009 hatte Europol bilanziert, dass in den 18 Monaten zuvor fünf Milliarden Euro Schaden durch Mehrwertsteuerbetrug mit dem Handel von CO2-Emissionen verübt wurde.
Zu 90 Prozent betrügerisch
Laut Europol wurde zeitweise in einigen Staaten bis zu 90 Prozent des gesamten Handels mit CO2-Zertifikaten nur getätigt, um sich damit Steuergelder zu erschleichen. Das ist auch eines der Argumente der USA gegen einen weltweiten Handel mit Zertifikaten, wie ihn die EU anstrebt.
Gasmarkt als nächstes Opfer
Im vergangenen Jahr gab es mehrere Polizeiaktionen gegen CO2-MTIC-Betrüger in Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien und anderen Staaten. Bei der größten derartigen Operation, die Deutschland initiiert hatte, waren im April mehr als 2.500 Ermittler in EU- und Nicht-EU-Staaten im Einsatz. Auch Norwegen, die Schweiz sowie die EU-Staaten Belgien, Tschechien, Dänemark, Lettland, die Niederlande, die Slowakei und Portugal bemühten sich um die Identifizierung der kriminellen Netzwerke.
Nicht selten führen diese Spuren laut Europol in Länder und Kontinente außerhalb der EU, beispielsweise im Mittleren Osten. „Europol beobachtet derzeit auch neue Trends, darunter Infiltrationsversuche krimineller Organisationen in die Gas- und Strommärkte“, sagte Europol-Direktor Rob Wainwright.
Dass CO2-Emissionen ebenfalls benutzt werden, liegt auf der Hand, denn für sie muss genauso Umsatzsteuer entrichtet werden. Erste Aktivitäten wurden im Spätherbst 2008 auf diesem Sektor registriert, als verschiedene Börsen einen noch nie da gewesenen Anstieg im Handelsvolumen der Papiere für CO2-Emissionen (EUA für European Unit Allowances) registrierten.
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