„Versteckte Knock-out-Phase“
Empört hat die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) auf die Pläne der Regierungsparteien zur Regelung des Universitätszugangs regiert. ÖH-Chefin Sigrid Maurer bezeichnete am Dienstag die geplante Studieneingangsphase als „zukunftspolitischen Griff ins Klo“. Der Chef der Universitätenkonferenz sieht im neuen System hingegen Vorteile.
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Die Studentenvertreter stoßen sich überdies an der Beschränkung der möglichen Prüfungsantritte während der Studieneingangsphase. Diese werde damit zu einer „versteckten Knock-out-Phase - die Prüfungen dafür genutzt, Studierende gezielt aus dem Studium zu boxen“, so Thomas Wallerberger vom ÖH-Vorsitzteam.
Mit einer spontanen Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt machten die Studentenvertreter ihrem Unmut Luft - mit dazupassenden roten Boxhandschuhen. Maurer sprach vor Journalisten von einer „Schikane gegen Studierende“. Den Studenten sei versprochen worden, dass keine Knock-out-Prüfungen eingeführt werden: Nun sei aber „genau eingetreten, was wir nicht wollten“.
„Nächster Anschlag auf Studierende“
Die ÖH-Spitze spricht von „institutionalisierten Knock-out-Prüfungen“. Die SPÖ sei offenbar auf die „Schauermärchen von überfüllten Massenfächern und der drohenden Deutschen-Flut“ von Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) hereingefallen. Ziel der Studieneingangsphase sei ganz klar, die Zahl der Studierenden zu senken, so ÖH-Generalsekretärin Mirijam Müller, die vom „nächsten Anschlag auf die Studierenden nach der Kürzung der Familienbeihilfe“ spricht.
Wallerberger bezeichnete die Maßnahme als „bildungspolitischen Schnellschuss“, der an den wirklichen Problemen der Hochschulen vorbeigehe. „Anstatt die Universitäten endlich ausreichend zu finanzieren, werden Studierende aus ihrem Studium gedrängt. Die Universitäten brauchen ‚Bail-out‘ statt ‚Knock-out‘“, so Wallerberger. Zudem würden mehr Studierende benötigt, nicht weniger: Österreich liege sowohl bei der Zahl der Studienanfänger als auch bei der Zahl der Absolventen weit hinter dem OECD-Schnitt.
Rektorenchef erwartet Verbesserung
Als „Teillösung, aber richtigen Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnete der Chef der Universitätenkonferenz (uniko), Hans Sünkel, am Dienstag im Gespräch mit der APA die von den Regierungsparteien verabschiedeten neuen Unizugangsregeln. Der Rektorenchef erwartet eine Verbesserung der Planbarkeit für die Unis. Die geplante Studieneingangsphase ist für Sünkel eine „qualitative Zugangsbeschränkung“, durch „dieses Knock-in können die Befähigten weiterstudieren“. Was noch fehle, sei „die Brücke zwischen Angebot und Nachfrage“.
Durch die geplante verpflichtende Anmeldung zum Studium verbessere sich die Planbarkeit für die jeweilige Universität. Vorteilhaft ist für Sünkel die vorgesehene Pflicht einer Studienberatung vor Studienbeginn. Durch die bessere Auseinandersetzung mit dem Studium werde vermutlich der Studienwechsel und damit auch der Drop-out reduziert.
Dass es im ersten Semester einen nach wie vor ungeregelten Andrang geben wird, werde für die Unis administrierbar sein müssen. Die nun geplante Regelung sei „schon deutlich besser als die Situation bisher, wo wir mit wenigen Ausnahmen völlig offenen Zugang hatten und keine Möglichkeit der Planung und auch keine qualitative Einschränkung hatten“. Sünkel machte aber kein Hehl daraus, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn die Studieneingangsphase „noch ein Stückchen kürzer“ geworden wäre.
FPÖ: „Faschingsscherz“
FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf bezeichnete den Vorschlag aus den Ministerien als „abenteuerlich und abstrus“. Er fühlt sich an einen „Faschingsscherz“ erinnert. Graf stört vor allem der Plan, in der Studieneingangsphase nur noch eine einzige Wiederholung pro Prüfung zuzulassen. „Was sonst soll das sein als eine gezielte Erhöhung der Studienabbrecherquote“, fragt Graf, und weiter: „Wer selbst studiert hat, der weiß, dass viele Akademiker bei der einen oder anderen Prüfung Probleme hatten und sie mehr als einmal wiederholen mussten.“
Grüne: Keine bessere Treffsicherheit
Die Bundesregierung schiebe Unis und Studierenden den schwarzen Peter zu und verstecke eigene langjährige Versäumnisse, kritisierte Kurt Grünewald, Wissenschaftssprecher der Grünen. Den Zugang zu den Unis laufend weiter zu erschweren und zu beschränken sei keine Antwort auf die Nachzüglerposition Österreichs in Sachen Bildungsbeteiligung.
Eine verpflichtende Studienberatung, von der noch völlig unklar sei, wie sie organisiert und finanziert werden soll, werde alleine nicht die Treffsicherheit in der Studienwahl erhöhen, kritisierte Grünewald weiter. Dass sich Studienanfänger schon Monate vor Beginn des Studiums bei den Universitäten voranmelden müssen, ermögliche zwar eine höhere Planbarkeit für die Universitäten, mache aber die Studienwahl sicher nicht treffsicherer, so Grünewald
BZÖ setzt auf Kombination
Das BZÖ plädierte unterdessen für „sinnvolle Zugangsbeschränkungen, um den drohenden Studententsunami aus Deutschland zu bremsen“, anstatt die „Erstsemestrigen mit Knock-out-Prüfungen k. o. zu schlagen“. Nur eine Kombination aus Einschreib- und Studiengebühren samt sozial treffsicheren Beihilfen könne laut Wissenschaftssprecher Rainer Widmann in den Massenfächern die Zahl der Studenten reduzieren, hieß es in einer Aussendung.
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