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„Gleich teuer mit weniger Leistung“

ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll erteilt den Plänen von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) zur Abschaffung der Wehrpflicht eine Absage. „Wir haben uns die Modelle auf den ersten Blick angeschaut, die sind gleich teuer oder teurer, als wir sie jetzt haben, und das mit weniger Leistung“, kritisierte Pröll am Montagnachmittag. Darabos hatte am Montag Modelle zu einer Reform des Bundesheeres präsentiert.

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„Für uns steht die Wehrpflicht nach wie vor im Vordergrund“, wobei der Vizekanzler durchaus in diesem Bereich Reformbedarf einräumte. „Für die ÖVP ist auch klar, dass der flächendeckende Katastrophenschutz jederzeit bereitgestellt“ werden könne, ebenso die regionale Versorgung des Bundesheers, und es müsse eine professionelle Abwicklung der Auslandseinsätze geben, so Pröll weiter. „Und die Wehrfähigkeit muss weiter gegeben sein, der Zivildienst ist vollinhaltlich zu gewährleisten. Auf diese Fragen gibt es keine Antworten im Modell“, kritisierte der Finanzminister.

„Was sind die Aufgaben?“

Pröll betonte, dass die ÖVP verhandlungsbereit sei. „Wir müssen uns überlegen, wie wir die Priorität der Sicherheitsdoktrin festlegen. Wo steuert Österreich hin, was sind die Aufgaben des Landes, in der Landesverteidigung. Das ist zu definieren.“ Man habe keinen Grund, die Wehrpflicht abzuschaffen, beharrte der Vizekanzler auf der ÖVP-Position. „Wir haben eine finanzielle Situation, die uns keinen Spielraum gibt. Und ein Berufsheer wird jedenfalls, das zeigen die Modelle, deutlich teurer“, so Pröll weiter.

Darabos setzt auf Mischform

Insgesamt stellte Darabos am Montag sieben Modelle vor. Er präferiert das „schwedische Modell“, wie er bereits am Wochenende sagte. Der Minister tritt in dem Modell für die Aussetzung der Wehrpflicht und eine Umstellung des Militärs auf eine Mischform aus Berufs- und Freiwilligenheer ein. Kosten soll das Ganze gleich viel wie jetzt, und auch am Leistungsumfang soll sich nichts ändern.

Auch die Mobilmachungsstärke soll wie im derzeitigen System etwa 55.000 Mann betragen. Allerdings würde sich die Zusammensetzung aus Berufs- und Milizsoldaten sowie Zivilbediensteten zahlenmäßig verschieben. Das neue Heer hätte 7.000 statt 9.000 Zivilbedienstete und 9.500 statt 13.000 Berufssoldaten.

Prämien als Anreiz

Insgesamt wird die Zahl der Vollzeitbeschäftigtenäquivalente um 2.200 weniger. Das von Darabos bevorzugte Modell würde daher 2.000 Freiwillige pro Jahr erfordern. 850 davon brauchte man für die 10.000 Mann umfassende Miliz, den Rest für die 5.500 Zeitsoldaten. Die Milizsoldaten würden rund zehn Jahre als Profimiliz zur Verfügung stehen und dafür 5.000 Euro Prämie pro Jahr für die regelmäßigen Übungen bekommen. Die Ausbildung würde sechs Monate betragen. Die Miliz wird vor allem für Katastropheneinsätze gebraucht.

Die Zeitsoldaten sollen sich für drei, vier Jahre verpflichten und Auslandseinsätze absolvieren müssen. Für internationale Einsätze plant Darabos Prämien von 7.200 Euro jährlich. Insgesamt sollen damit 10.000 Soldaten für den Katastrophenschutz und 1.000 für Auslandseinsätze bereit stehen.

Grafik der sieben Wehrpflicht-Modelle

APA/Walter Longauer

Keine Kündigungswelle

Die Umstellung auf ein Berufs- und Freiwilligenheer macht laut den Zahlen des Ministers 5.500 Bedienstete überflüssig. Das neue Modell enthält nämlich 2.000 Zivilbedienstete und 3.500 Berufssoldaten weniger als jetzt. Darabos will diesen „Überstand“ sozialverträglich und ohne Kündigungen abbauen. Er will u. a. den Wechsel von Beamten ins Finanzministerium stärker forcieren. Auf der anderen Seite soll es mehr Zeitsoldaten geben, und zwar 5.500 statt 1.800.

Ob es zu Kasernenschließungen kommen wird, ließ der Minister offen. Geplant sei das nicht. Erhalten bleiben sollen jedenfalls die Militärkommanden in den Bundesländern. Erneut bekräftigte Darabos, die Entscheidung „bestens vorbereitet“ zu haben. Von der Kritik der Militärführung zeigte er sich unbeeindruckt. Da der Generalstab mit der Ausarbeitung der Alternativmodelle beauftragt wurde, meint Darabos, dass dieser auch zu dem Geschriebenen stehe.

Darabos stellt ÖVP die Rute ins Fenster

Darabos sprach sich neuerlich für die Einbindung der Bevölkerung aus. Die „sauberste Lösung“ wäre aus seiner Sicht eine Volksabstimmung. Er kann sich aber auch eine Volksbefragung vorstellen, und zwar in dem Fall, dass es zu keinem Kompromiss mit dem Koalitionspartner ÖVP kommt. Er bezeichnete seine Pläne als „radikalen Schritt“, der gesetzt werden müsse. Denn man habe in den letzten Jahren auf sicherheitspolitische Veränderungen „nur kosmetisch reagiert“. Es sei daher Zeit für größere Schritte.

Bedenken gegen ein Ende der Wehrpflicht wie die ÖVP hat auch SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser. „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Wehrpflicht die beste Grundlage für ein funktionierendes Heer wäre“, so der SPÖ-Nationalratsabgeordnete im „Kurier“. Allerdings sollte die Grundausbildung „modifiziert und effizienter“ gestaltet werden.

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