Mozart-Opern neu interpretiert
John Malkovich ist unruhig. Er wackelt hin und her, entfernt einen Fussel vom Arm seiner Schauspielkollegin, nimmt sein Bein am Knöchel und dehnt es nach hinten. „Ich bin nun schon eine Zeit lang begierig darauf, endlich mit den Proben anzufangen“, erzählte der Hollywood-Star beim Pressegespräch anlässlich des Probenbeginns zu „The Giacomo Variations“ im Wiener Ronacher.
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Nach dem Musiktheaterprojekt „The Infernal Comedy“, in dem Malkovich als Jack Unterweger auf der Bühne stand, will Regisseur und Autor Michael Sturminger gemeinsam mit dem musikalischen Leiter Martin Haselböck nun „die Operkonventionen auf den Kopf stellen“.
„Es ist eigentlich eine unglaubliche Frechheit, was wir da machen“, sagte Sturminger über die Verschmelzung der drei Da-Ponte-Opern Mozarts („Don Giovanni“, „Figaro“, „Cosi fan tutte“), „aber es macht uns wahnsinnig viel Spaß.“ Die Geschichte rund um Casanova (Malkovich), der sich mit dem Tod konfrontiert, mit dem Sinn des Lebens beschäftigt und daneben diverse Frauen (alle dargestellt von Ingeborga Dapkunaite) zu betören versucht, wird anhand von Szenen aus den drei Opern erzählt.
Gegen die Tradition der Besetzung
„Damit setzen wir uns über die Tradition von Besetzung hinweg“, so Sturminger, „weil ein primo Soprano auch mal den secondo Soprano singen muss.“ Die musikalischen Konterparts zu Malkovich und Dapkunaite werden von Bariton Florian Boesch und Sopranistin Sophie Klußmann dargestellt.
„Es ist nicht die 140. Don-Giovanni-Inszenierung“, so Haselböck, „sondern neu verschränkt.“ In einzelnen Situationen, in denen sich Casanova und sein Objekt der Begierde, Gräfin Isabella, in Figuren aus Mozarts Opern verwandeln, sehen sich Boesch und Klußmann schon mal mit bis zu sechs Stimmen konfrontiert.
„Keinerlei Versagen von meiner Seite“
Doch auch Malkovich und Dapkunaite, die bereits beim Film „In Tranzit“ (2008) zusammengearbeitet haben, werden nicht verschont und treten gesanglich auf. „Wenn irgendetwas schiefgeht, ist es allein die Verantwortung meines Gesanglehrers“, scherzte Malkovich und deutete auf Bariton Boesch. „Es wird also keinerlei Versagen von meiner Seite geben.“
Für die aus Litauen stammende Dapkunaite geht mit der Rolle ein Traum in Erfüllung. „Ich wollte immer Opernsängerin werden“, so die 47-Jährige, „aber ich hatte nie die Stimme dazu.“ Ihr erschien das übliche Theater immer „dumm, weil niemand singt oder tanzt. Dabei ist es genau das, was Menschen auf der Bühne tun sollten.“
Originalklangmusik und opulentes Bühnenbild
Bei „The Infernal Comedy“ wurde noch keines von beidem gemacht, weder gesungen, noch getanzt. „Damals war es szenisch einfach“, so Haselböck. „Wir hatten einen Tisch, und die Musik war lediglich Untermalung. Jetzt gehen wir mit allen Gefahren und Reizen in die Welt der Oper.“ Das heißt: Originalklangmusik mit Instrumenten, die auch Mozart verwendete, und ein opulentes Bühnenbild. Auf der Probebühne im Ronacher steht es bereits, das Stahlkonstrukt, das bei Fertigstellung zu einem gigantischen Rokoko-Überrock wird, unter dem sich ein Bett offenbart.
Intendantin Kathrin Zechner, die sich nach der Realisierung von „The Infernal Comedy“ als „Heimathafen“ des Teams bezeichnet, scheint sich dem Risiko der ungewöhnlichen Mischung bewusst zu sein. „Es ist ein Zusammenführen von Routiniers, Haudegen und jungen Talenten“, so Zechner.
Casanova geht auf Welttournee
Nach Wien werden viele weitere Häfen angesteuert: Auf die fünf (restlos ausverkauften) Abende im Ronacher folgen drei ebenfalls bereits ausverkaufte Aufführungen im Sydney Opera House. Ab Ende Mai wird durch Europa getourt, im Herbst soll es nach Nord- und Südamerika gehen. Bei der langen Tour wird Malkovich regelmäßig von der Rolle des Verführers in jene des Serienmörders wechseln und neben dem neuen Stück auch wieder als Unterweger in „Infernal Comedy“ zu sehen sein.
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