20 Milliarden schwere Schattenwirtschaft
Mit dem Einsetzen des Wirtschaftsaufschwungs und der Entspannung auf dem Arbeitsmarkt wird in Österreich nun auch ein Rückgang bei der Schwarzarbeit verzeichnet. Wie Friedrich Schneider von der Johannes-Kepler-Universität Linz im APA-Gespräch betont, lasse der Druck, schwarzzuarbeiten, im Aufschwung nach.
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Immer weniger Personen müssen demnach Einkommensverluste durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit mit illegaler Arbeit wettmachen. Zudem bleibe dank der besseren Beschäftigungslage auch weniger Zeit für Schwarzarbeit. Laut Schneider gibt es in Österreich rund eine Million Nebenerwerbspfuscher - also Personen, die in ihrer Arbeit schwarzarbeiten. 100.000 bis 200.000 Personen sind dem Experten zufolge Vollzeitpfuscher, meistens Arbeitslose, Frühpensionisten oder illegale Ausländer.
Starker Anstieg 2009
Nach dem Anstieg im Krisenjahr 2009 um 2,9 Prozent auf 20,50 Milliarden Euro wurde 2010 ein Rückgang um 1,22 Prozent auf 20,25 Milliarden Euro bei Schwarzarbeit verzeichnet. Heuer wird mit einem weiteren Rückgang auf 20,2 Milliarden Euro (minus 0,25 Prozent) gerechnet.
Im europäischen Vergleich ist Österreich, was die Schattenwirtschaft betrifft, ein Musterknabe: Mit einem BIP-Anteil von 7,9 Prozent wird nur in der Schweiz weniger gepfuscht als in Österreich mit einem Anteil von 8,01 Prozent (2011). Diesen Wert müsse man allerdings kritisch durchleuchten, so Schneider.
Demnach müsse der Anteil der Schattenwirtschaft am BIP in Österreich in etwa dem in Deutschland (13,7 Prozent) entsprechen. Aber, so Schneider, „bei uns wird weniger kontrolliert“. Dazu komme die Nachbarschaftshilfe, die nicht kontrolliert werden kann. „Denn für zwei Drittel der Österreicher ist Pfusch lediglich ein Kavaliersdelikt.“
Großteil pfuscht am Bau
Am meisten gepfuscht wird traditionell am Bau und im Baunebengewerbe. 7,676 Milliarden Euro, die in Österreich 2011 schwarz erwirtschaftet werden, kommen aus den Bereichen Baugewerbe und dem Handwerk inklusive Reparaturen (38 Prozent). Je 17 Prozent des Schattenwirtschaftsvolumens werden auf die Bereiche „andere Gewerbe und Industriebetriebe“ wie Werkstätten sowie auf Dienstleistungsbetriebe wie Hotels und Gaststätten entfallen. Auf die sonstigen Gewerbebetriebe und haushaltsnahen Dienstleistungen (Nachhilfe, Babysitten, Friseur, Anm.) werden 15 Prozent und auf die Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche 13 Prozent kommen, geht aus den aktuellen Berechnungen von Schneider hervor.

APA
Regional ist die Schattenwirtschaft in Österreich am bedeutendsten in Wien mit einem Volumen von 5,57 Milliarden Euro, gefolgt von Oberösterreich mit 3,37 Milliarden Euro und Niederösterreich mit 3,27 Milliarden Euro. Am wenigsten gepfuscht wird nach offiziellen Angaben im Burgenland mit einem Volumen von 0,45 Milliarden Euro und im Vorarlberg mit 0,91 Milliarden Euro.
7.872 Strafanträge
Stark gestiegen ist 2010 laut Finanzministerium die Zahl der Strafanträge gegen Betriebe, die illegal Ausländer beschäftigten. In jedem vierten kontrollierten Betrieb wurden illegal beschäftigte Ausländer gefunden, wie Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) Ende Dezember vorrechnete.
Von der zuständigen KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) seien demnach insbesondere jene Branchen kontrolliert worden, die traditionell besonders viele schwarze Schafe in ihrer Herde haben. Laut Lopatka haben die Kontrollen vor allem in der Gastronomie und am Bau stattgefunden. Insgesamt waren fast 16 Prozent aller kontrollierten Arbeitnehmer nicht zur Sozialversicherung angemeldet.
Bulgarien als europäischer Spitzenreiter
Am meisten gepfuscht wird im Europa-Vergleich in Südost- beziehungsweise Osteuropa. Mit einem Pfuschanteil am BIP von 32,3 Prozent führt Bulgarien das Ranking (2011) an. Es folgen Rumänien (29,6 Prozent), Kroatien und Litauen mit jeweils 29,5 Prozent, Estland (28,7 Prozent), die Türkei (27,7 Prozent) und Lettland (27,1 Prozent). In Zypern beträgt der Anteil 26,0 Prozent, im Malta und Griechenland jeweils 25,8 Prozent.
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