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Realistische Zerstörung der Welt

Als 1938 Orson Welles’ Klassiker „Krieg der Welten“ in den USA als Hörspiel ausgestrahlt wurde, führte das in der Bevölkerung zu panischen Reaktionen: Viele Menschen hielten die wie eine Reportage aufbereitete Science-Fiction-Geschichte für einen authentischen Nachrichtenbeitrag und befürchteten einen tatsächlichen Angriff Außerirdischer.

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72 Jahre später hat die NASA immer wieder mit ähnlichen - wenn auch nicht gar so weit verbreiteten Phänomenen zu tun. Als das Endzeitspektakel „2012“ vom Experten der filmischen Weltzerstörung, Roland Emmerich, 2009 in den USA auf den Kinoleinwänden für Einnahmenrekorde sorgte, kamen die Wissenschaftler der Raum- und Luftfahrtbehörde kaum zu Ruhe.

Szene aus dem Film 2012

Sony Pictures

„2012“: Viel Action, aber nichts dahinter, zumindest was die Plausibilität angeht.

„Der Film hat die weit verbreitete Angst vor dem sogenannten ‚Ende der Welt‘ ausgenützt, das die Mayas in ihrem Kalender für den 21. Dezember 2012 angekündigt haben“, erklärte Donald Yeomans vom Jet Propulsion Laboratory der NASA gegenüber der australischen Tageszeitung „The Australian“. „Unsere Behörde bekam nach Kinostart des Films ‚2012‘ so viele Anfragen von besorgten Menschen, die tatsächlich fürchteten die Welt würde 2012 untergehen, dass wir eine eigene Website installieren mussten, um den kursierenden Mythen zu widersprechen.“

„The Core“ stürzt vom Thron

Bei einer Tagung der NASA und der Organisation Science and Entertainment Exchange (SEE) kürten die Experten nun „2012“ zum absurdesten Science-Fiction-Film. Das Katastrophenepos löste damit „The Core“ ab, der bisher haushoch in Führung lag. Weiters wurden noch „Volcano“ (1997), „Armageddon“ (1998), „The 6th Day“ (2000) und „Außer Kontrolle“ (1996) als Beispiele für besonders schlechte Sci-Fi-Filme genannt.

Szene aus dem Film Gattaca mit Ethan Hawke

picturedesk.com/Interfoto/NG Collection

Für „Gattaca“ fand die NASA lobende Worte.

Doch auch zu Lob ließen sich NASA und SEE hinreißen: Der „realistischste“ Film sei demnach „Gattaca“ der in einer von Eugenik getriebenen Gesellschaft spielt. Ebenfalls lobend erwähnt wurde Ridley Scotts „Blade Runner“, in dem ein deprimierend-futuristisches Los Angeles gezeigt wird und der 2019 spielt. Ebenfalls wegen plausibler Darstellungen bzw. vorstellbarer Szenarien gewürdigt wurden laut dem Onlinenachrichtenportal news.com.au „Contact“ (1997), „Metropolis“ (1927) und die Originalversion von „Der Tag, an dem die Erde stillstand“.

Emmerichs Zerstörungswut

Im Vergleich zu „2012“ sind sowohl „Gattaca“ als auch „Blade Runner“ offensichtlich harmlos. Emmerich ließ schon in seinem ersten Superhit „Independence Day“ Außerirdische zahlreiche Städte in Schutt und Asche legen, schickte danach die Riesenechse „Godzilla“ quer durch New York und vereiste in „The Day After Tomorrow“ die nördliche Halbkugel der Erde. Mit „2012“ verband er dann gleich mehrere Katastrophenszenarien, um der Welt endgültig zu Leibe zu rücken.

Emmerich griff dafür die von Charles Hapgood 1958 vorgestellte Theorie der Erdkrustenverschiebung auf und reicherte sie um dramaturgisch wirksame Begleitphänomene an. Erdbeben gigantischen Ausmaßes und ebenso überdimensionierte Vulkanausbrüche und Tsunamis sollen die Welt in Rekordzeit vernichten und nur eine Elite kann sich in Megaarchen retten und so den Fortbestand der Menschheit sichern.

Physikalische Aussagen bar jeder Grundlage

„Komplett unrealistischer Unsinn“, konstatiert Yeomans von der NASA. Schon über die Geschwindigkeit, in der sich der Erdkern im Film erhitzt, kann der Wissenschaftler nur lachen. Ganz zu schweigen von unzähligen Aussagen der Filmwissenschaftler zu physikalischen Gegebenheiten, die jeder glaubhaften Grundlage entbehren.

Auch das Portal Insultingly Stupid Movie Phyics hat sich dem Realismuscheck von Kinofilmen verschrieben. „2012“ findet sich zwar noch nicht auf der Liste - der frühere NASA-Favorit führt dort jedoch auch deutlich das Ranking an: „Der Film ‚The Core‘ ist so schlecht, dass es uns schwer fiel, mit dem Schreiben aufzuhören und die Kritik zu veröffentlichen“, so der Kommentar der Websitebetreiber.

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