Nur die Vampire bleiben gelassen
Auch wenn Griechenland, Portugal und Irland mehr Schlagzeilen machen - die budgetäre Lage in Rumänien ist mindestens genauso trist. Das Land hängt am finanziellen Tropf des Internationalen Währungsfonds (IWF) und muss gewaltige Budgetlöcher stopfen. Das soll nun auch mit Hexerei gelingen.
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Die seit Jahreswechsel geltenden neuen Steuergesetze brachten neben einer gewaltigen Erhöhung der Mehrwertsteuer auch die erstmalige Steuerpflicht für bisher nicht als Beruf anerkannte Tätigkeiten - unter anderem Parkplatzwächter, Fahrlehrer, Kammerdiener, Leichen-Einbalsamierer und eben auch Hexen und „artverwandte“ Berufe. Die landesweit geschätzt 4.000 hauptberuflich tätigen Hexen schwören Rache.
Es geht um viel Geld
Die Steuerpflicht für magische Tätigkeiten war seit Monaten diskutiert worden und für die Medien des Landes ein gefundenes Fressen für spöttische Kommentare ohne Ende. Es geht aber um beträchtliche Summen. Für Hexen dürften Jahreseinkommen in der Größenordnung von 15.000 Euro keine Seltenheit sein. Das statistische Durchschnittseinkommen in Rumänien liegt bei rund 3.600 Euro pro Jahr.
Okkultismus ist in Rumänien viel weiter verbreitet als anderswo. Politiker stehen offen zur Konsultation von Astrologen, die Anwesenheit von Wahrsagerinnen bei Firmenmeetings ist ebenso keine Seltenheit. Fast jeder im Land hat schon den ein oder anderen „Liebeszauber“ gebucht oder sich dank der Dienstleisterinnen mit verstorbenen Angehörigen „unterhalten“.
Die Geister, die sie riefen ...
Den Fluch der Steuerpflicht haben die Hexen selbst über sich gebracht: Eine findige Hexe namens Gabriela Ciucur hatte im Jahr 2006 in zähem Ringen mit den Behörden die offizielle Berufsbezeichnung Hexe für sich erkämpft, um Steuern abschreiben zu können und Sozialleistungen zu erhalten. Erst dieser Fall brachte den Fiskus auf die Idee, an der Magiebranche des Landes mitzunaschen.
Maria Campina, laut Eigendefinition „weißmagische Königin“ des Landes, sah schon damals das Unheil voraus und verwehrte sich gegen eine Steuerpflicht für Hexen. Man halte regelmäßig zu hohen christlichen Feiertagen geheime Rituale ab, damit an diesen Tagen keine Naturkatastrophen geschähen, erklärte sie damals. Damit hätten die Hexen ihre Pflicht gegenüber dem Staat mehr als erfüllt.
Bruderkrieg im magischen Zirkel
Während Hexen nun steuerlich an die Kandare genommen werden sollen, versuchen die „artverwandten“ Kollegen zu retten, was zu retten ist. Die Astrologen des Landes etwa erklärten ihre eigene Tätigkeit - zum Unterschied vom beruflichen Treiben der Hexen - zur „Leidenschaft“. Keine Regierung der Welt könne Leidenschaft besteuern, argumentierten sie gegenüber dem Internetportal „Ziare“. Gelassen bleiben können nur die selbst ernannten Vampire: Blutsaugen ist nicht einkommensrelevant.
Erde, Hundeteile, Pfeffer, Germ und mehr
Der erste Fluch ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten: Noch am Neujahrstag meldete sich eine Hexe namens „Bratara“ beim TV-Sender Realitatea und schwor der Regierung Rache. Ein spezielles Hexengebräu soll dabei helfen. Die genaue Rezeptur verriet Bratara nicht, man brauche jedoch Teile von Hunden, verschiedene Pfefferarten, Germ und Erde dafür, erklärte sie.
Die Mischung müsse an einem abgelegenen Ort deponiert werden und werde dann ihre Wirkung entfalten, drohte Bratara. Übermäßig fürchten muss sich die rumänische Regierung trotzdem nicht, denn im Fall des Falles befindet sie sich in bester Gesellschaft mit anderen offenbar bereits verhexten Regierungen: Die Wirkung des Fluchs besteht laut der Hexe darin, dass sich Zwietracht in der regierenden Koalition ausbreiten wird.
Lukas Zimmer, ORF.at
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