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Zu feig zum Selbertanzen

DJs füllen Hallen, bekannte DJs füllen große Hallen, und berühmte DJs stehen ihren Kollegen aus der Rock- und Popbranche in Sachen Gage um nichts nach. Sechsstellige Summen sind keine Seltenheit mehr - für einen einzelnen Abend Plattenauflegen.

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Wobei man natürlich grundsätzlich unterscheiden muss. Früher, ganz früher war ein DJ hierzulande jene uncoole Person, die zu feig zum Selbertanzen war und sich hinter der Stereoanlage versteckte. Diesen Part des reinen Songauswählens übernehmen international nun oft Promis aus Film, Fernsehen und der Musikbranche, die sich ein Zubrot verdienen wollen, indem sie ihr Gesicht herzeigen.

Andere DJs remixen (ausgehend vom klassischen Hip-Hop-DJ) Songs. Dann gibt es elektronische Laptop-Musiker, auf die der Begriff eigentlich gar nicht mehr passt. Dazwischen liegen noch die Techno-Stampf-DJs mit ihren eigenen Songs (Bum-Zack-Bum-Zack-Refrain-Break-Bum-Zack-Bum-Zack-Refrain etc). Am Ende jedoch geht es in erster Linie um den Namen - zumindest, was die Gage betrifft. ORF.at hat ein Interview mit Christoph Käfer geführt, der in Österreich Festivals wie das Urban Art Forms betreut.

Gagen explodieren

Käfer sagt, dass die internationalen Top-Acts während der vergangenen fünf Jahre deutlich teurer geworden sind. Er führt das auf die rückläufigen Einkünfte durch Plattenverkäufe zurück. Man müsse als Veranstalter zwar wirtschaftlich arbeiten, das bedeute aber auch, die verschiedenen Marken zu stärken. Soll heißen: Ein weltberühmter DJ spielt vielleicht nicht alles herein, was er kostet. Aber ein Festival, bei dem er auftritt, gewinnt an Prestige und damit auf lange Sicht neue Besucher.

Auch heimische DJs können gut verdienen, wenn sie entsprechend Publikum anziehen, sagt Käfer, aber sie verstünden manchmal nicht, warum sie nicht dieselbe Gage wie international erfolgreiche Acts bekommen könnten: „Ein rein nationales Line-up zieht leider keine zehn- bis fünfzigtausend Besucher an, die man braucht, um in dieser Größenordnung wirtschaftlich arbeiten zu können.“

Gaga Gagen

Wenn man über manche der angebotenen Gagen liest, fragt man sich, wie sich die Wirtschaftlichkeit herstellen lässt. Die „New York Post“ hat herumtelefoniert und sich in der internationalen Club- und Partyszene umgehört.

Platz eins unter den Abräumern am Plattenteller ist nicht repräsentativ, weil sie ihren Promifaktor mit Konzerten, Gossip, Songs, Videos, sowie einer Band begründet hat - und nicht mit Turntables und Laptop: Lady Gaga. Alan Philips von der PR-Agentur Sky Group sagt gegenüber der Zeitung: „Wir haben sie über ihre Plattenfirma erreicht und gebucht, noch bevor sie 2008 berühmt wurde.“ Damals habe sie bei zwei Events aufgelegt - gratis; wohl um Werbung in eigener Sache zu machen. Acht Monate später habe man ihr 15.000 Dollar für Silvester angeboten, bekommen hat sie schließlich 35.000. Letztes Jahr legte Lady Gaga am 31. Dezember in einem Hotel in Miami auf - für sagenhafte 190.000 Euro (250.000 Dollar).

DJ David Guetta

Reuters/Darrin Zammit Lupi

David Guetta: der Maßstab aller DJs - auch bei der Gage

Streitfall David Guetta

Über David Guetta, den momentan wahrscheinlich berühmtesten DJ weltweit, scheiden sich nicht nur in Österreich die Geister. Er soll für seine Handvoll Auftritte hierzulande bis zu 175.000 Euro pro Abend verdient haben. Offizielle Zahlen gibt es freilich nicht. Auf Facebook lieferten sich Anhänger und Feinde Guettas eine Schlacht, als bekanntwurde, dass er beim Urban Art Forms Festival 2010 auftreten würde. 2011 tritt dort der nicht viel weniger prominente Fat Boy Slim auf. Wie viel er für sein Erscheinen bekommt, darüber kann man nur spekulieren.

Die Hunderttausender

Etwas billiger kann man Pete Wentz, den Bassisten und Songwriter der Band Fall Out Boy, buchen. 2008 soll er für einen Abend im Marquee Club in London 2.600 Euro bekommen haben. Das Marquee war legendär (es hat mittlerweile geschlossen). Wer dort auflegte und Erfolg hatte, war ein gemachter DJ. Wie bei Lady Gaga war es auch für Wentz bald darauf der Silvesterabend in einem Hotel in Miami, der ihm 100.000 Dollar (rund 75.000 Euro) einbrachte.

100.000 Dollar kann auch der Promi-DJ Cassidy verlangen. Seit er bei der Inaugurationsparty von US-Präsident Barack Obama und bei der Hochzeit von Beyonce und Jay-Z aufgelegt hat, ist seine Karriere nicht mehr zu stoppen.

Die Hipster

Das New Yorker DJ-Trio Misshapes wird wohl auch bald in der Hunderttausenderliga (in Dollar gerechnet) ankommen. Sie etablierten zunächst vor einigen Jahren unter diesem Namen eine wöchentliche Party, die ein Riesenerfolg war. Gäste wie Madonna, die Yeah Yeah Yeahs und Rufus Wainwright gaben sich die Klinke in die Hand. Bald schon gingen The Misshapes auf Tour und ließen den fixen Club bleiben. Sie wurden für TV-Werbungen gebucht und legten für Künstler wie Peaches, Art Brut, Celebration, The Killers, Mötley Crüe und die Scissor Sisters auf. Pro Abend sollen die Misshapes mitunter 75.000 Dollar (etwa 57.000 Euro) kassieren.

Das Partygirl

50.000 Dollar (38.000 Euro) erhält Samantha Ronson für einen Abend. Sie ist seit einiger Zeit in erster Linie DJ, war davor aber auch Interpretin langweiliger Songs. Wie Events mit Lady Gaga versprechen auch jene mit ihr viele Promis im Publikum - und die wiederum bringen gute Presse für den Veranstalter. Ronson ist angeblich mit Lindsay Lohan zusammen (ob das so ist oder nicht, füllt seit zwei Jahren die Society-Seiten).

Quer durch die Partyszenen der Welt hört man das Lamento engagierter lokaler DJs: Derselbe Veranstalter, der für DJ-Promis 100.000 Euro und mehr hinblättert, speist den Resident vor Ort mit 150 Euro ab. Ungerechtigkeit oder nicht, vor Neid kann man allemal erblassen, wenn man von Minutengagen um die 1.000 Euro liest. Zumindest in einer Hinsicht sind die Top-Acts ihr Geld wert, erzählt Christoph Käfer: Sie haben weniger Starallüren. Wenn es Sonderwünsche gibt, werden die bereits lange vorher angekündigt, damit alles reibungslos abläuft. B- und C-Acts seien manchmal komplizierter. Dafür kann man ihnen bei der Gage eine Null vor dem Komma streichen - immerhin.

Simon Hadler, ORF.at

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