Themenüberblick

Star des „Brünner Funktionalismus“

Wer einmal durch Brünn spaziert ist, kennt die Gebäude des tschechischen Architekten Bohuslav Fuchs: In der Stadt begegnet man den Gebäuden von Fuchs auf Schritt und Tritt - etwa sein Hotel Avion in der Altstadt, ein Pavillon auf dem Brünner Messegelände, sein eigenes Wohnhaus, das Gebäude der Mährischen Bank und das Masaryk-Studentenheim.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Ab Donnerstag zeigt die Vienna Insurance Group im Wiener Ringturm die Ausstellung „Bohuslav Fuchs - Architekt der tschechischen Avantgarde“ über das zentrale Werk des Funktionalisten. In der von Adolph Stiller und Jan Sapak kuratierten Schau ist eine Auswahl von rund 40 der wichtigsten seiner Bauten in Modellen, Zeichnungen und zahlreichen Fotos zu sehen.

Villa Petrak, Brünn

Haller & Haller

Zahlreiche Gebäude in Brünn weisen die Handschrift von Bohuslav Fuchs auf.

Fuchs zählt zu den produktivsten Spitzenarchitekten seiner Zeit, der, obwohl er meist ohne großes Team arbeitete, einen hohen Prozentsatz der geplanten Gebäude auch umsetzte: Von insgesamt mehr als 500 Projekten wurden während seiner Berufslaufbahn fast 150 umgesetzt. Mit vielen Spitzen der damaligen internationalen Architekturavantgarde hielt Fuchs engen Kontakt, seine Tätigkeit schloss auch städtebauliche Entwürfe, Landes- und Regionalplanungen sowie Inneneinrichtungen ein.

Introvertierte Persönlichkeit

Trotzdem ist das Echo auf sein Werk im Vergleich zu Zeitgenossen wie etwa Le Corbusier und Adolf Loos eher mäßig, was die Kuratoren der Ringturm-Ausstellung einerseits seiner introvertierten Persönlichkeit und seinem regional konzentrierten Hauptwerk in Brünn zuschreiben. Viele Gebäude sind, nicht zuletzt aufgrund der Qualität der Planung, bis heute in ihrer ursprünglichen Funktion erhalten - wie etwa das städtische Bad, ein Studentenwohnheim und ein Bankgebäude.

Eines der bekannten Werke, das Cafe Zemann an der Brünner Ringstraße, wurde 1964 im Zuge der Errichtung des neuen Janacek-Theaters abgerissen. Erst viel später wurde die Bedeutung des modernen Baus erkannt, der schließlich um einige Meter versetzt neu aufgebaut wurde.

Hotel Kostelkecky "Avion"

Museum der Stadt Brünn

Hotel Avion in Brünn, 1927

Das Cafe beeindruckte damals mit seinen hochmodernen Details, wie fünf großen Glasflächen, die im Sommer im Boden versenkt werden konnten, und so die Terrasse nahtlos mit dem Innenraum des Cafes verbanden. Eine Finesse die - so vermutet Kurator Stiller - Mies van der Rohe fünf Jahre später für seine berühmte Brünner Villa Tugendhat von Fuchs übernahm.

Hotel mit außerordentlichem Raumkonzept

Bei manchen Gebäuden kann man heute nur noch äußerlich die Intention und Vision des Architekten erahnen. Im Zentrum Brünns steht bis heute eines der bedeutendsten Bauwerke Fuchs’: das Hotel Avion (ursprünglich Hotel und Cafe Costelecky). Die Planung des Gebäudes stellte eine besondere Herausforderung an den Architekten. Sein Ziel war es, trotz räumlicher Einschränkungen wegen der engen Baulücke luftige Innenräume zu schaffen.

Die Entwicklung des Raumplans und die darauf basierende Verschachtelung des Innenraums legen den Verdacht nahe, dass sich Fuchs in dieser Hinsicht von Loos oder dessen Schüler Heinrich Kulka inspirieren ließ. Das ganze Hotel-Cafe-Restaurant-Ensemble hat nur eine Stiege, die alle elf Geschosse des Gebäudes inklusive Keller verbindet.

Ausstellungshinweis

Bohuslav Fuchs, Architekt der Tschechischen Avantgarde, bis 18. März 2010, Vienna Insurance Group - Architektur im Ringturm, täglich 09.00 bis 18.00 Uhr, feiertags und an Wochenenden geschlossen. Zur Ausstellung ist ein Katalog (120 Seiten, 25 Euro) erschienen.

Das Hotel Avion wurde zum Zentrum des intellektuellen Lebens, vergleichbar mit dem Cafe Museum in Wien. Die Grundsubstanz ist heute im Originalzustand erhalten, mit Ausnahme des zerstörten Eingangsportals wurde nichts umgebaut. Im Inneren spürt man heute trotzdem nicht mehr viel von Fuchs’ Ideen, der klaren Formsprache und Reduktion auf die Funktion: Die sozialistisch geprägte Inneneinrichtung mit Deckchen, plüschigen Teppichen lassen kaum noch Assoziationen mit der klaren Sprache des Architekten zu.

Sophia Felbermair, ORF.at

Links: