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US-Entschuldigungen „reichen nicht“

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan reagiert zunehmend gereizt auf die WikiLeaks-Enthüllungen und erwägt nun gerichtliche Schritte. Ihm reiche eine Entschuldigung der US-Regierung für die von WikiLeaks veröffentlichten kritischen Analysen zur Türkei nicht mehr aus, so türkische Medien am Donnerstag.

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Erdogan fordere eine Strafverfolgung von US-Diplomaten, die in ihren Berichten über angebliche Konten des Politikers in der Schweiz geschrieben hatten. Erdogan berate sich mit dem türkischen Justizministerium. Das wurde als politisches Signal verstanden, auch wenn Aussichten auf eine Anklage verschwindend gering seien.

„Tratsch für Oppositionspresse“

Erdogan hatte am Vortag gesagt, die Berichte der US-Botschaft in Ankara über ihn und die Politik seiner Regierung seien voller Lügen und Fehlinterpretationen. Er bestritt insbesondere, Geld auf Konten in der Schweiz zu haben. Erdogan warf der Oppositionspresse in der Türkei vor, den „Tratsch“ der Kontenvorwürfe verbreitet zu haben. Sollten die Vorwürfe gegen ihn bewiesen werden, werde er sofort zurücktreten. Oppositionschef Kemal Kilicdaroglu hatte am Dienstag eine Erklärung des Ministerpräsidenten zu den Kontenvorwürfen verlangt. Nach Erdogans Stellungnahme sagte Kilicdaroglu, der Regierungschef solle sich nicht bei der Opposition beschweren, sondern bei den USA.

„Neo-osmanische, islamistische Fantasien“

Ein geheimes Schreiben vom Februar dieses Jahres befasst sich mit Bemühungen türkischer Firmen, Waffengeschäfte mit dem benachbarten Iran ungeachtet des Atomstreits abzuschließen. In den US-Unterlagen finden sich dazu genaue Angaben, die von türkischer Seite allerdings inzwischen bestritten wurden.

Die Autoren der Berichte zeichnen ein Bild der Türkei, in dem islamistische Berater und Wirtschaftsleute zunehmenden Einfluss bekommen. Erdogan selbst informiere sich nur aus einer islamistisch geprägten Presse, kabelte die Botschaft. Er verlasse sich auf „Charisma, Instinkt und die gefilterten Informationen von Beratern, die Verschwörungstheorien aus dem Netz ziehen oder sich neo-osmanischen, islamistischen Fantasien hingeben“.

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