Vorsorge gegen Cyberkriminalität
Am ersten Tag der WikiLeaks-Veröffentlichung von US-Botschaftsdepeschen hat das Enthüllungsportal mehr als 200 Dokumente veröffentlicht, am zweiten Tag waren es 60. Wenn die Veröffentlichung in diesem Tempo voranschreitet, würde es 1.808 Tage oder 4,9 Jahre dauern, bis das gesamte Material von 251.287 Dokumenten im Netz verfügbar ist.
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Wahrscheinlicher aber ist die Vermutung, dass WikiLeaks zunächst die Spannung hochhalten will, ehe der Großteil der Dokumente veröffentlicht wird. Mit einem Umzug in die „Cloud“, also in ein Netz von verteilten Rechenzentren, hat sich WikiLeaks gegen mögliche Attacken auf seine technische Infrastruktur gewappnet.
Nach einem Hackerangriff auf die Website am Sonntagabend werden die Daten jetzt von einem Datendienst des US-Internetunternehmens Amazon bereitgestellt, wie die britische Zeitung „The Guardian“ berichtete. Dieses Angebot für „Cloud-Computing“ richtet sich an Unternehmen, die große Datenmengen im Internet möglichst sicher unterbringen und vor Verlusten schützen wollen. Außerdem sind „Cloud“-Dienste besser für einen Massenansturm ausgelegt als einzelne Webserver.
Strafe bei Verletzung der Sperrfrist
WikiLeaks soll einzelnen Medien, denen die Dokumente vorab zur Verfügung gestellt wurden, spezifische Bedingungen dafür gestellt haben. Dazu soll laut einem Bericht der „Washington Post“ vom Dienstag auch die Zahlung von rund 100.000 Dollar für den Fall einer Verletzung der vereinbarten Sperrfrist gehört haben.
Hauptpartner von WikiLeaks sind „Der Spiegel“, „The Guardian“, „El Pais“, „Le Monde“ und die „New York Times“. „Spiegel“-Chefredakteur Georg Mascolo betonte, für das Material der Internetplattform sei kein Geld geflossen. Im Mitteilungsdienst Twitter kündigte das WikiLeaks-Projekt „Informationen an, wie andere Mediengruppen einen Sperrfristzugang zu ‚Cablegate‘-Informationen beantragen können“. „Cablegate“ ist das von WikiLeaks eingeführte Schlagwort für die Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen.
EU-Cybersicherheitszentrum gefordert
Die Europaabgeordneten Ernst Strasser (ÖVP) und Hannes Swoboda (SPÖ) forderten angesichts des Datenlecks eine grenzüberschreitende Koordinierung im Kampf gegen Cyberkriminalität. Sie unterstützen die Pläne der Kommission, ein eigenes EU-Cybersicherheitszentrum einzuführen.
Besonders „skandalös“ sei der Versuch des Ausspionierens persönlicher Daten von Diplomaten der UNO auch in Wien, kritisierte Swoboda. Die Datenspionage „passt in das Bild des generellen Versuchs der USA, die Hoheit über die persönlichen Daten ausländischer Bürger zu bekommen“. Hier müsse die EU eindeutig Stellung beziehen.
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