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Warum tritt Verteidiger zurück?

Der Verteidiger des Wettermoderators Jörg Kachelmann, der Kölner Anwalt Reinhard Birkenstock, hat sein Mandat niedergelegt. Das bestätigte Birkenstock der Nachrichtenagentur dpa am Montagabend, ohne nähere Angaben zu seiner Entscheidung zu machen.

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Birkenstock versandte am Abend eine Pressemitteilung, in der es hieß: „In der Strafsache gegen Herrn Jörg Kachelmann teile ich mit: Ich habe der 5. großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim heute angezeigt, dass ich nicht mehr Verteidiger von Herrn Kachelmann bin. Aus berufsrechtlichen und prozessualen Gründen stehe ich deshalb zu keiner weiteren Auskunft in dieser Sache mehr zur Verfügung.“

Der Schweizer Kachelmann, langjähriger Moderator im deutschen Fernsehen, muss sich seit drei Monaten wegen Vergewaltigung seiner Ex-Freundin in Deutschland vor dem Mannheimer Landgericht verantworten. Die Anklageschrift beschuldigt Kachelmann, seine langjährige Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann wies die Vorwürfe zurück. Kachelmanns Ex-Geliebte sagte bereits unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus.

Nächster Prozesstag am Mittwoch

Im Prozess hat sich Kachelmann, der bereits angekündigt hat, sich aus dem Fernsehen zurückzuziehen, selbst noch nicht geäußert. Dass sich sein Verteidiger zurückzieht, wird als schwerer Schlag für Kachelmann gewertet.

Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, dabei sollen ehemalige Freundinnen von Kachelmann befragt werden. Kachelmann wird in dem Verfahren noch von weiteren Anwälten vertreten. Neuer Anwalt des angeklagten Moderators ist der Hamburger Jurist Johann Schwenn, wie Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker mitteilte.

Birkenstock fuhr Konfrontationskurs

Birkenstock vertrat Kachelmann seit dem Ermittlungsverfahren. Im Team der Verteidiger gab der 65-Jährige eindeutig den Ton an. Und es schien, als sei ihm der Fall eine Herzensangelegenheit, sogar seine Frau bezog er in das Verfahren ein. Die ausgebildete Psychologin betreute Kachelmann in den Verhandlungspausen.

Gegenüber dem Gericht fuhr Birkenstock einen klaren Konfrontationskurs: Gleich zu Prozessbeginn stellte er Befangenheitsanträge gegen zwei der Richter, später nochmals gegen das gesamte Gericht, nachdem es die Strafkammer zunächst abgelehnt hatte, das mutmaßliche Opfer über ein Zeugnisverweigerungsrecht wegen möglicher Selbstbelastung zu belehren. Beide Male wurden die Anträge abgelehnt, doch zumindest mit dem zweiten Antrag hatte Birkenstock das Gericht nicht gut aussehen lassen. Die Richter korrigierten sich und holten die verlangte Belehrung nach.

Schwerer Stand für neuen Verteidiger

Welche Gründe auch immer zur Trennung von Birkenstock geführt haben mögen, - die neue Verteidigung wird es schon deshalb schwer haben, weil sie sich in ein bereits mehrere Monate dauerndes Strafverfahren einarbeiten muss. Angesichts der Masse der Gutachten und Vernehmungsprotokolle ist schon das eine Herausforderung.

Hinzu kommt: Sollte Schwenn am Ende des Verfahrens ein Plädoyer halten, so wird er Zeugenaussagen würdigen müssen, bei denen er selbst nicht dabei war. Es könnte sein, dass die Pflichtverteidigerin Andrea Combe nun eine entscheidende Rolle spielen wird.

Prozess bis ins neue Jahr hinein

Der Prozess gegen Kachelmann sollte ursprünglich bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Bereits vor der Entscheidung des Verteidigers Birkenstock, sein Mandat niederzulegen, zeichnete sich jedoch ab, dass sich der Prozess bis ins nächste Jahr hinziehen wird.

Die zuständige Kammer habe bis Ende März 19 weitere Termine reserviert, sagte eine Sprecherin des Mannheimer Landgerichts vorige Woche und bestätigte damit Informationen des Nachrichtenmagazins „Focus“. Offiziell seien die Termine bisher aber nicht, es werde noch geklärt, ob die Prozessbeteiligten Zeit hätten. In dem Prozess, der bis Anfang Dezember unterbrochen wurde, war bisher der 21. Dezember als letzter Prozesstag vorgesehen.

Suche nach neuer Zeugin?

Informationen des „Focus“, nach denen die Vernehmung neuer Zeugen Grund für die Verlängerung sei, bestätigte die Gerichtssprecherin nicht. Das Magazin hatte berichtet, es gebe konkrete Hinweise auf weitere Ex-Partnerinnen Kachelmanns, die sich bisher noch nicht bei den Ermittlungsbehörden gemeldet hätten. Diese Frauen sollten jetzt gesucht werden. Kachelmanns Heidelberger Pflichtverteidigerin Combe wollte das nicht kommentieren.

Frauenärztin: Ex-Freundin „ruhig und gefasst“

Im Prozess hatte an dem letzten Verhandlungstag vor einer mehrwöchigen Pause bis Anfang Dezember eine Frauenärztin den Zustand des mutmaßlichen Opfers nach der angeblichen Vergewaltigung als „ruhig und gefasst“ beschrieben. Die Frau habe berichtet, dass sie mit einem Messer bedroht worden sei, sagte die Ärztin vom Uniklinikum Heidelberg, die das vermutliche Opfer am Tag nach der vermeintlichen Tat untersucht hatte, Mitte November vor dem Landgericht in Mannheim. Sie habe ihr Verletzungen am Hals gezeigt, nicht geweint und auf alles geantwortet.

Zeugin schloss Exklusivvertrag mit Illustrierter ab

An dem Verhandlungstag kam es zugleich zu einer heftigen Auseinandersetzung über die Rolle der Medien. Anlass war ein Exklusivvertrag, den eine Zeugin vor ihrer Vernehmung mit einer Illustrierten abgeschlossen hatte. Das sei eine „Unverschämtheit und Missachtung des Gerichts“, sagte Kachelmanns Verteidiger Klaus Schroth. Die Zeugin, eine ehemalige Geliebte des Moderators, hatte in ihrer Vernehmung zugeben müssen, dass sie über ihren Anwalt einen Exklusivvertrag abgeschlossen hatte.

Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge kritisierte daraufhin die Pressearbeit der Verteidigung. Ein „medialer Berater“ Kachelmanns habe ihm schon vor Anklageerhebung mitgeteilt, dass die Verteidigung im Falle einer Anklage an die Presse gehen werde. „Er hat auch gesagt, dass das zum Teil auf dem Rücken der Nebenklägerin erfolgen werde.“

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