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Was Diplomaten denken

Während Diplomaten eigentlich für Fingerspitzengefühl und eine schonende Sprache im Umgang mit Politikern stehen müssten, zeichnen die von WikiLeaks enthüllten Dokumente ein anderes Bild der Realität. US-Diplomaten äußern sich laut Medien wie dem „Spiegel“ und der „New York Times“ in den veröffentlichten Depeschen mitunter hart und unverhohlen über Staats- und Regierungschefs.

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  • Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel wird von US-Diplomaten als „selten kreativ“ und risikoscheu eingeschätzt. In einer Depesche ist die Rede von „Angela ‚Teflon‘ Merkel“, weil viel an ihr abgleite. Indes wird ihr in außenpolitischen Fragen mehr Erfahrung zugesprochen als dem eigentlich für das Amt zuständigen Außenminister Guido Westerwelle. Er gilt unter US-Diplomaten als inkompetent, eitel und USA-kritisch.
  • Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gilt unter US-Botschaftern als „empfindlich und autoritär“. Gegenüber seinen Mitarbeitern bescheinigen ihm die Diplomaten ein teils schroffes Verhalten.
  • Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi wird vor allem für seinen ausschweifenden Lebensstil kritisiert. Als „inkompetent, aufgeblasen und ineffektiv“ wird er eingeschätzt, als ein „physisch und politisch schwacher“ Regierungschef, der wegen seiner Vorliebe für Partys nicht hinreichend zur Ruhe komme.
  • Russlands Regierungschef Wladimir Putin und Präsident Dimitri Medwedew werden in den Dokumenten mit Batman und dessen Juniorpartner Robin verglichen. Der eigentliche Staatschef Medwedew ist nach Einschätzung von US-Diplomaten „blass“ und „zögerlich“ und wird dabei vom „Alpha-Rüden“ Putin an den Rand gedrängt.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karzai gilt laut „Spiegel“ den Dokumenten zufolge als „schwache Persönlichkeit“, die von „Paranoia“ getrieben sei. Auch sein jüngerer Halbbruder Ahmed Wali Karzai wird erwähnt: Er sei ein korrupter Drogenbaron, heißt es in einer Depesche.
  • Pikante Details werden über Libyens Machthaber Muammar Al-Gaddafi bekannt: So soll der umstrittene Staatschef vollkommen abhängig von seinem ihn umgebenden Netzwerk aus Vertrauten sein. Den Dokumenten zufolge hat er außerdem Angst davor, übers Wasser zu fliegen, und geht ohnehin nie ohne eine ganz bestimmte „üppige“ blonde Krankenschwester aus der Ukraine auf Reisen.
  • Auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kommt nicht gerade glimpflich davon. US-Diplomaten bescheinigen ihm den Depeschen zufolge islamistische Tendenzen und ein unrealistisches Weltbild. Er wird mitunter als isoliert und schlecht informiert eingeschätzt und vertraut laut „Spiegel“ weder seinen Ministern noch Gott - obwohl er an ihn glaubt.
  • Der iranische Präsident Mahmud Amadinedschad wird in den Depeschen gar mit Adolf Hitler verglichen. Diese Einschätzung folgt dem Vergleich der derzeitigen Lage angesichts des iranischen Atomprogramms mit der Situation vor dem Zweiten Weltkrieg durch einen US-Diplomaten in Abu Dhabi.

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