Gewalt und Schikanen bei Wahl in Ägypten

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Gewalt und Manipulationsvorwürfe haben gestern die Parlamentswahl in Ägypten überschattet. Wahlurnen wurden zerstört. Es gab Massenschlägereien und Verletzte. Die Abstimmung gilt als besonders wichtig, weil im nächsten Jahr die Präsidentschaftswahl ansteht.

Parteilose Kandidaten für das Amt des Präsidenten brauchen nach der neuen Verfassung die Zustimmung von mindestens 65 Parlamentsabgeordneten. Wahrscheinlich wird Präsident Husni Mubarak (82), der seit 29 Jahren an der Macht ist, erneut kandidieren.

Die Beteiligung betrug nach Angaben des Innenministeriums rund 25 Prozent. Die Ergebnisse sollen heute veröffentlicht werden.

Gewalttätige Auseinandersetzungen

Nach Wahlschluss versammelten sich in Alexandria und Kairo teilweise Hunderte Menschen vor Wahllokalen. In der Hafenstadt Alexandria versammelten sich rund 800 Menschen vor einer Polizeistation, die als zentrale Auszählstelle fungierte und skandierten „Nein zum Betrug“. Hundertschaften an Bereitschaftspolizei traten ihnen entgegen. Es kam zu kleineren Auseinandersetzungen.

Die Muslimbruderschaft, deren Kandidaten als Unabhängige antreten müssen, weil religiöse Parteien in Ägypten verboten sind, hatte bei der Wahl vor fünf Jahren mit 88 Abgeordneten fast 20 Prozent der Sitze belegt. Die Nationaldemokratische Partei (NDP) Mubaraks sicherte sich damals 73 Prozent (324 Sitze). Nach Angaben von Augenzeugen gingen am Wahltag an manchen Orten Anhänger der Muslimbruderschaft und der NPD aufeinander los.

Von Liberalen boykottiert

In ärmeren Vierteln war eine große Anzahl von Polizisten in Uniform und Zivil vor den Wahllokalen postiert. Internationale Wahlbeobachter waren nicht zugelassen. In einigen Bezirken verteilten Kandidaten Geld oder Geschenke.

Wahlberechtigt war etwas mehr als die Hälfte der rund 80 Millionen Ägypter. Sie wählen 508 Abgeordnete. Zehn weitere Abgeordnete ernennt der Präsident. Bei dieser Wahl sind erstmals 64 Sitze für Frauen reserviert. Mehrere liberale Politiker, darunter auch der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed ElBaradai, hatten zu einem Wahlboykott aufgerufen.