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Persönlicher Computerchauffeur

„Aus technischer Sicht sind selbstfahrende Autos kein Problem mehr“, so Andreas Riener vom Institut für Pervasive Computing an der Johannes Kepler Universität Linz im Gespräch mit ORF.at. „Wir können intelligente Systeme bauen, die genau wissen, was der Benutzer tun möchte.“

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Grundsätzlich sei alles nur eine Frage der vorhandenen Daten. Speise man zum Beispiel den Terminkalender des Fahrzeughalters in das Bordsystem ein, könne ein autonom agierendes Auto zur gewünschten Zeit vor der Haustür bereitstehen und in Abstimmung mit vorhandenen Verkehrsinformationen selbstständig die beste Route zum Ziel wählen. Am Bestimmungsort angekommen, steigt der Passagier aus und das mit Kurzparkzonendaten gefütterte Fahrzeug sucht im Alleingang den passenden Parkplatz.

Verkehrssicherheit erhöhen

Auch für Robert Kölbl vom Institut für Verkehrswissenschaften an der TU Wien geht die Entwicklung klar in Richtung intelligenter Fahrzeuge, die mit Daten ausgestattet eine Entscheidungshilfe für den Fahrer bieten, um, wie im EU-Projekt COOPERS gezeigt, die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Im Rahmen des europäischen Projekts Co-operative Systems for Intelligent Road Safety (COOPERS) wurden Verkehrsinformationen unterschiedlicher Quellen drahtlos direkt an die Navigationssysteme übermittelt. Anhand der Daten konnte das System etwa frühzeitig vor Staus warnen und darüber informieren, wie schnell für eine „grüne Welle“ gefahren werden muss. Die dafür entwickelte Technologie wurde auf vier europäischen Autobahnen, darunter auch der Brennerautobahn, getestet. Die Ergebnisse zeigten einen deutlich positiven Einfluss auf die Verkehrssicherheit, ohne den Fahrer dabei abzulenken.

Er sieht das Ende der Fahrzeugautonomie für die nähere Zukunft jedoch hier erreicht. „Meiner persönlichen Einschätzung nach wird es das selbstfahrende, alltagstaugliche Auto in den nächsten Jahrzehnten nicht geben,“ so Kölbl gegenüber ORF.at.

Der Fahrer bekomme zwar schon heute viel Assistenz von der Technik, die Verkehrssituation und die Geschwindigkeit, sowie die Reaktionszeiten der einzelnen reagierenden Systeme mache eine umfassende Einsetzbarkeit aber schwer. Zudem werde der Fahrer von einem Zuviel an Assistenz vom eigentlichen Fahren abgelenkt. Es sei daher immer die Frage, wo man den Fahrer unterstützen und inwieweit man ihm seine Verantwortung lassen müsse.

Autos schon heute quasi autonom

Softwareexperte Riener räumt dem automatischen Verkehr unterdessen in übersichtlichen Situationen durchaus Chancen ein. „Das Verkehrskonzept der Zukunft sehe ich so: Große Distanzen fahre ich automatisch, kleine Distanzen fahre ich manuell“, so Riener. „Mit Tempomat, adaptiver Geschwindigkeitsregelung (Tempomat mit Abstandssensor, Anm.) sowie Spurhalteassistent fährt das Auto ja heute schon quasi autonom.“

Automatisierte Autobahnfahrt in fünf bis zehn Jahren

Überlandstrecken mit definierten Fahrbahnbedingungen könnte man aus technologischer Sicht bereits in fünf bis zehn Jahren als Passagier im eigenen Fahrzeug erleben. „Bei der Autobahnauffahrt klinke ich mich ein und gebe das Kommando ‚Abfahrt Salzburg‘, dann kann ich mich zurücklehnen und erst bei der Abfahrt das Steuer wieder übernehmen“, so Riener. Umgesetzt werden könnte das durch Kamerasysteme im Auto, die sich an Fahrbahnmarkierungen orientieren, Radar- und/oder Lasersysteme zur Messung von Abständen und Echtzeiterkennung von Umgebung und Hindernissen oder durch die Navigation anhand präziser GPS-Daten.

Haftung bei Unfällen unklar

Doch abseits der Technik müssten auch seitens der Automobilhersteller und der Politik entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Rechtlich stehe man zudem vor der Herausforderung, scheinbar unüberwindbare Hindernisse der Haftungsfragen im Falle von Aus- bzw. Unfällen zu klären, so TU-Verkehrsforscher Kölbl. Er sieht selbstfahrende Autos und den aktuellen Trend zum Elektroantrieb nur als Versuch, ein altes Mittel länger am Leben zu erhalten. „Das Problem liegt in der Energie- und Ressourcenbilanz. Es stellt sich allgemein die Frage: Woher sollen die Energie und die Ressourcen langfristig kommen?“

„Der Mensch verwendet physiologisch durchschnittlich 615 Kilojoule pro Tag für Mobilität, die er verbrauchen muss, um sich gesund zu halten. Bewegt man sich zu Fuß, verbraucht man diese Energie in etwa 40 Minuten. Fährt man im Auto, reicht das Tagespensum für etwa 70 Minuten. Autofahren kostet demnach mehr Zeit“, so Kölbl.

“Auf biologische Wurzeln besinnen“

„Auf lange Sicht werden wir den wirklichen Nutzen der Technik erkennen müssen und uns wieder stärker auf unsere biologischen Wurzeln besinnen müssen. Wenn wir lange und gesund leben wollen, können wir nicht gegen unser ureigenes Programm handeln, sondern müssen die künstlich-technischen Systeme den natürlich-menschlichen unterordnen.“

Beate Macura, ORF.at

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