„Irrationaler Widerstand“
Ein Kreisverkehr ist im Vergleich zu einer herkömmlichen Verkehrskreuzung mit Ampel nicht nur billiger in der Aufrechterhaltung, sondern auch sicherer und umweltfreundlicher. In den USA, wo der Kreisverkehr weit weniger verbreitet ist, versuchen Verkehrsexperten, die Bevölkerung von den Vorteilen zu überzeugen. Sie stoßen jedoch regelmäßig auf große Skepsis.
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Das Problem der amerikanischen Autofahrer mit dem Kreisverkehr: Sie verstehen deren Prinzip offenbar nicht. „Da gibt es einen großen, wie ich das nenne, irrationalen Widerstand“, sagte Eugene R. Russell, Professor für Bauingenieurswissenschaften an der Kansas State University, gegenüber der „New York Times“ („NYT“, Onlineausgabe). „Die Menschen verstehen es nun einmal nicht.“
Die Skepsis ist deshalb groß. In vielen Orten starten Einwohner Petitionen und Bürgerversammlungen gegen Kreisverkehrspläne. „Ich sehe eine Menge Unfälle kommen“, sagte etwa eine Restaurant-Besitzerin, in deren Nähe ein Kreisverkehr geplant ist. Sie startete in ihrem Lokal eine Unterschriftenaktion, an der in nur wenigen Tagen Hunderte Menschen teilnahmen.
Kreisverkehr eine Kulturfrage?
„Nur weil etwas in einer Kultur funktioniert, heißt das nicht, dass es das auch in einer anderen tut“, sagte ein anderer Kreisverkehrsgegner, der an einer Highschool Weltkulturen unterrichtet, gegenüber der „NYT“. „Transport, Geduld, Menschen, deren Temperamente sind von Land zu Land verschieden.“
Das US-Verkehrsministerium hat laut dem Zeitungsartikel keine Statistiken über die Zahl der via Kreisverkehr geregelten Kreuzungen in den USA. Verkehrsexperten seien sich jedoch einig, dass deren Zahl in den letzten Jahren rapide steigt. Insgesamt soll es in den USA rund 2.000 geben, die meisten davon wurden erst in den letzten zehn Jahren erbaut, schätzt Edward Myers vom Transportplanungsunternehmen Kittelson & Associates. Im Vergleich zu vielen europäischen Ländern ist die Zahl klein. Auf Frankreichs Straßen etwa gibt es mehr als 30.000.
Das Rätsel Vorrang
Für die größte Verwirrung im Kreisverkehr sorgen die Vorrangregeln, die von Land zu Land unterschiedlich sind. In den USA gilt laut „NYT“ die Regel, dass der Einfahrende den Fahrzeugen innerhalb des Kreisverkehrs Vorrang geben muss. Grundsätzlich gilt das in Österreich auch. Was jedoch die wenigsten Autofahrer wissen, ist, dass das nicht bei jedem Kreisverkehr der Fall ist. Denn für sie gilt eigentlich die Rechtsregel. Bei den meisten von ihnen sind jedoch eigene Vorrangschilder angebracht, die diese aufheben, wodurch die einfahrenden Autos warten müssen.
Mehr Sicherheit, deutlich weniger Emissionen
Ein Kreisverkehr gilt als weit sicherer als eine herkömmliche Verkehrskreuzung. „Im Kreisverkehr gibt es erstens weniger Konfliktpunkte, zweitens wird bei einem Unfall aufgrund der geringen Fahrgeschwindigkeiten die Verletzungsschwere erheblich reduziert“, werden auf der ÖAMTC-Website die Vorteile eines Kreisverkehrs aufgezählt. „Man beseitigt damit quasi Crashs im rechten Winkel und Frontalzusammenstöße, und jene Kollisionen, die passieren, tendieren dazu, weniger ernsthaft zu sein“, sagt auch Anne McCartt vom Insurance Institute for Highway Safety gegenüber der „NYT“.
Die Verkehrslösungen haben aber noch einen anderen ganz wesentlichen Vorteil gegenüber herkömmlichen Ampelkreuzungen: Via Kreisverkehr geregelte Kreuzungen reduzieren den Emissionsausstoß im Straßenverkehr um mehr als 30 Prozent, so die „NYT“. Der Grund: Autofahrer müssen weniger oft stillhalten und wegfahren.
Offenbar unberechtigte Skepsis
Die mangelnde Bereitschaft der Amerikaner, sich mit dem Kreisverkehr anzufreunden, legt sich jedoch nach einiger Zeit und wird abgemildert zu Billigung, Akzeptanz oder Gleichgültigkeit, berichtet die „NYT“. Das Insurance Institute for Highway Safety veröffentlichte vor drei Jahren eine Studie zur Akzeptanz des Kreisverkehrs. Vor der Erbauung befürworteten durchschnittlich lediglich 34 Prozent den Kreisverkehr. Kurz danach stieg die Zahl auf 57, und nach einem Jahr oder mehr sprachen sich fast 60 Prozent der Menschen dafür aus.
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