Obama warnt vor Republikanern
Nach einer hitzigen Wahlschlacht haben am Dienstag in den USA die Kongresswahlen begonnen, bei denen nun die Weichen für die kommenden beiden Amtsjahre für Präsident Barack Obama gestellt werden. Bisher haben Obamas Demokraten in beiden Kongresshäusern eine klare Mehrheit.
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Letzten Umfragen zufolge können die oppositionellen Republikaner nun mit einer Mehrheit im Repräsentantenhaus rechnen. Im Senat läuft es auf ein knappes Rennen hinaus. Der Wahlgang gilt nicht zuletzt auch als Stimmungstest für Obamas bisherige Amtszeit. Beim Verlust der demokratischen Mehrheit im Kongress muss sich Obama zudem darauf einstellen, dass das Regieren für ihn deutlich schwieriger wird.
Erste Wahllokale geschlossen
Bei den US-Kongresswahlen sind die ersten Wahllokale in den Bundesstaaten Kentucky und Indiana geschlossen worden. Es wird damit gerechnet, dass kurz nach Mitternacht (MEZ) erste Prognosen und aussagekräftige Teilergebnisse vorliegen. Alle Umfragen weisen auf eine herbe Niederlage für Präsident Barack Obama hin.
Obama warnte kurz vor Beginn der Wahlen vor einer „sehr schwierigen“ wirtschaftlichen Lage im Fall eines Sieges der Republikaner. Die Wahlen hätten „Konsequenzen für die kommenden Jahrzehnte“, sagte er dem Radiosender WDAS-FM. Bei einem Wahlerfolg der Republikaner „könnten wir vor enormen Problemen stehen, das Land voranzubringen“.
Auch nach Öffnung der Wahllokale versuchte Obama, Wähler zu mobilisieren. Auf seinem Programm standen am Dienstag zahlreiche Radiointerviews, etwa mit Sendern aus den Städten Los Angeles, Las Vegas und Chicago sowie aus dem Bundesstaat Florida. US-Medien berichten unterdessen von langen Schlangen vor den Wahllokalen - mehr dazu in iptv.ORF.at.
Blockade im Kongress befürchtet
Laut Experten dürften schon die ersten Resultate den Trend zeigen: Niederlagen der Demokraten in hart umkämpften Wahlkreisen in Bundesstaaten wie Kentucky und Indiana könnten auf einen Erdrutschsieg der Republikaner hinweisen, sagte Larry Sabato von der University of Virginia.
Gelingt es den Republikanern, die Mehrheitsverhältnisse im Kongress zu ihren Gunsten zu verändern, gilt es als wahrscheinlich, dass die Republikaner unter anderem versuchen werden, bereits verabschiedete wichtige Reformen rückgängig zu machen. Im Extremfall droht eine Blockade: Die Republikaner können im Kongress Obamas Gesetzesinitiativen ausbremsen, Obama kann mit seinem Veto Beschlüsse des Kongresses stoppen.
Um Vorhaben durchzusetzen, werden beide Seiten ähnlich wie in einer Koalition kooperieren müssen. Besonders Gesetze zum Klimaschutz sowie zur Besserstellung von Einwanderern dürfte Obama nicht gegen die Republikaner durchsetzen können.

APA/NY Times, Washington Post
Abstimmung über Obamas bisherige Amtszeit
Im Wahlkampf hatte sich der Staatschef vergeblich darum bemüht, die Halbzeitwahlen nicht als Referendum über seine ersten beiden Amtsjahre wirken zu lassen. Dagegen sagte der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell: „Bei dieser Wahl geht es nur um ihn (Obama, Anm.) und diese große Mehrheit im Kongress und was sie in den vergangenen zwei Jahren getan haben.“
Die Demokraten machen - ebenfalls weitgehend vergeblich - geltend, sie hätten die schlechte Wirtschaftslage bereits von der Vorgängerregierung von George W. Bush geerbt und einen völligen finanziellen Zusammenbruch verhindert.
US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte am Dienstag, Präsident Obama werde vermutlich selbst bei den erwarteten großen Gewinnen der Republikaner an seiner Innen- und Außenpolitik festhalten. Der „politische Wind“ blase zwar ordentlich, aber der Präsident werde ein beständiger Kapitän des Schiffs bleiben, sagte Clinton bei einem Besuch in Malaysia.
Umfragen prophezeien Sieg der Republikaner
Wie etliche Umfragen zuvor sprach zuletzt auch eine am Montag vom „Wall Street Journal“ und dem US-Sender NBC veröffentlichte Umfrage eine deutliche Sprache: 49 Prozent der Bürger gaben demnach an, dass die Republikaner im Kongress das Sagen haben sollen. Nur 43 Prozent sprachen sich für eine Kontrolle durch die Demokraten aus.
Ihnen bläst der Wind ins Gesicht, weil die schleppende Erholung der Wirtschaft viele Amerikaner beunruhigt. Die Arbeitslosigkeit in den USA beträgt 9,6 Prozent, außerdem haben Millionen Amerikaner durch die Finanzkrise ihre Häuser und damit oft auch ihre gesamten Ersparnisse verloren.
Zugleich leidet die größte Volkswirtschaft der Welt unter schwachbrüstigem Wachstum: Im dritten Quartal betrug das Plus aufs Jahr gerechnet gerade zwei Prozent. Experten erwarten nur eine allmähliche Besserung der Lage. Der Wahlkampf war vor allem von diesen Themen bestimmt.
Erzkonservative im Aufwind
Vom Frust der Bürger profitierte vor allem die rechtspopulistische „Tea Party“-Bewegung, die zahlreiche Kandidaten unterstützte. Die Erzkonservativen haben sich von einer Randerscheinung weiter ins Zentrum der amerikanischen Politik vorgearbeitet. Mit ihrer Forderung nach Ausgaben- und Steuerkürzungen und einem Abspecken des Regierungsapparats steht sie den Republikanern nahe. Ihre Ikone ist Sarah Palin, die frühere Gouverneurin von Alaska und ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin.
Auch Clinton regierte ohne Kongressmehrheit
Nach schweren Niederlagen bei Halbzeitwahlen mussten in der Vergangenheit schon mehrmals US-Präsidenten ohne Mehrheit im Parlament weiterregieren. Unter ihnen findet sich auch Bill Clinton, der knapp zwei Jahre nach seiner Wahl zum US-Präsidenten im Weißen Haus eine vernichtende Niederlage seiner Demokraten bei den Kongress- und Gouverneurswahlen im November 1994 hinnehmen musste.
Erstmals seit 40 Jahren stellten die Republikaner damals die Mehrheit im Repräsentantenhaus, zum ersten Mal seit 1987 auch im Senat und erstmals seit 1970 bei den Gouverneuren der US-Staaten. Trotz dieses Wahlsiegs mussten die Republikaner aber den Traum von einer schnellen Rückeroberung des Weißen Hauses begraben: Clinton wurde 1996 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt und blieb weitere vier Jahre Präsident.
Auch der Republikaner Ronald Reagan erlitt nach fast sechs Jahren Präsidentschaft bei den Kongresswahlen im November 1986 eine schwere Niederlage. Die Demokraten konnten nicht nur ihre bestehende Mehrheit im Repräsentantenhaus ausbauen, sondern auch die 1980 verlorene Mehrheit im Senat zurückerobern. Eine Wiederwahl trotz schwerer Niederlage bei Halbzeitwahlen gelang neben dem Republikaner Dwight Eisenhower auch dem Demokraten Harry Truman.
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