Zu viele Teenagerschwangerschaften
In Großbritannien ist die Zahl von Teenagerschwangerschaften weltweit am höchsten. Mit ungewöhnlichen - und auch umstrittenen - Maßnahmen wird gegen Schwangerschaften bei Jugendlichen und den Rekord bei Abtreibungen gekämpft.
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So können britische Jugendliche ab 13 Jahren im Rahmen eines begrenzten Feldversuchs im Süden Englands die Pille auch ohne die Zustimmung ihrer Eltern kaufen. Seit Montag könnten 13-Jährige in zehn von 30 Apotheken auf der südenglischen Isle of Wight das Verhütungsmittel erhalten, teilten die zuständigen Behörden mit.
Offiziellen Angaben zufolge lag 2008 die Schwangerschaftsrate in England und Wales bei den 15- bis 19-jährigen Mädchen bei sechs Prozent und bei den 13- bis 15-Jährigen bei 0,8 Prozent. Seit 1998 können Mädchen ab 13 Jahren bereits die Pille danach erhalten, bisher jedoch nicht die Pille.
Pille danach für Elfjährige
Einige Schulen verteilen Verhütungsmittel und die Pille danach schon an Elfjährige, während sich die Regierung besseren Aufklärungsunterricht wünscht. Eine Onlineapotheke versendet sogar die Verhütungspille ohne großen Aufwand: Die Kundinnen füllen einen Fragebogen aus, und ein Arzt verschreibt das Medikament.
Mehr als 4.000 Mädchen unter 16 Jahren ließen nach Angaben des Gesundheitsministeriums 2008 in England und Wales ihr Kind abtreiben, das sind zehn Prozent mehr als im Jahr davor. Bei den unter 14-Jährigen stieg die Zahl sogar um 21 Prozent auf 163 Abtreibungen.
Empörung bei Eltern
„Wir haben nun Kinder, die Babys abtreiben. Das Problem wird von Jahr zu Jahr größer“, sagte die konservative britische Abgeordnete Nadine Dorries. Seit zehn Jahren investiert die Regierung mehrere Millionen Pfund in Aufklärungskampagnen, verteilt Kondome an Schulen und vor Schwimmbädern.
Berichte über die Ausgabe der Pille danach an Schulen für elf Jahre alte Mädchen hatten allerdings für Empörung bei den Eltern gesorgt. „Natürlich wünschen wir uns nicht, dass Kinder Sex haben. Aber wir müssen sie trotzdem vor ungewollten Schwangerschaften schützen“, verteidigt Gill Frances von der Arbeitsgruppe gegen Teenagerschwangerschaften die Maßnahmen.
Aufklärungsunterricht „schlecht“
Doch die Heranwachsenden wünschen sich vor allem besseren Aufklärungsunterricht, wie eine Studie des Jugendparlaments zeigt. Im vergangenen Jahr wurden 22.000 Teenager zu ihrer Einschätzung des Aufklärungsunterrichts befragt. 40 Prozent beurteilten die Schulstunden als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. In den Niederlanden, dem europäischen Land mit den wenigsten Schwangerschaften bei Jugendlichen, wird Schülern der richtige Umgang mit einem Kondom vorgeführt. An einigen britischen Schulen spreche man hingegen von Sex als „ganz besondere Umarmung“.
Britische Eltern ziehen sich gern in dem Glauben aus der Verantwortung, dass Kinder durch Medien und Schule „schon alles wissen“. Die Betreiber der Hotline Child Line, einer Seelsorgenummer für Jugendliche, berichten hingegen von bis zu 50 Anrufen täglich, in denen Fragen zum Geschlechtsverkehr gestellt werden. Jedes dritte Mädchen kenne nicht den Grund für ihre Periode.
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