Dammbau läuft auf Hochtouren
Nach der Giftschlammkatastrophe in Ungarn arbeitet die Regierung mit Hochdruck an einem Behelfsdamm, um eine weitere Überschwemmung zu verhindern. Ein Regierungssprecher sagte dem Sender TV2 am Montag, dass der Damm spätestens am Dienstag fertiggestellt werde. Die Gefahr einer zweiten Giftschlammflut ist derzeit offenbar nicht so akut wie zunächst befürchtet.
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Die Risse an der Nordwand des zweiten, noch dichten Deponiebeckens hätten sich nicht vergrößert, teilte der Katastrophenschutz am Montag mit. Das hätten Messungen im Verlauf der vergangenen 24 Stunden ergeben.
Damm zu 70 Prozent fertig
Nach Angaben von Rettungskräften hielt die beschädigte nördliche Mauer des Rückhaltebeckens am Montag dem Druck noch stand. Am Wochenende hatten Helfer neue Risse festgestellt. Es wurde befürchtet, dass es zu einer weiteren Überschwemmung kommen werde. In der vergangenen Woche ergossen sich etwa eine Million Kubikmeter roter Giftschlimm über die Region und verseuchten das Dorf Kolontar. Die Lawine tötete acht Menschen, die Leiche des letzten Opfers wurde erst am Montag entdeckt. 123 Menschen wurden verletzt. Im Einsatz sind 4.000 Helfer.
Experten rechnen damit, dass der Damm des Deponiebeckens bricht. Dann würde sich eine weitere Rotschlammwelle auf Kolontar ergießen. Seit dem Wochenende wird fieberhaft am Bau von neuen Schutzwällen und der Abdichtung des maroden Damms gearbeitet. Dieser war Montagfrüh zu 70 Prozent fertig, teilte der ungarische Katastrophenschutz mit. Der Damm werde insgesamt eine Länge von 1.500 Metern haben und nicht wie zuvor angegeben von bis zu 500 Metern. Er werde 30 Meter breit und an seiner höchsten Stelle vier Meter hoch sein.
Firmenchef festgenommen?
Angesichts der Katastrophe unterrichtete Ministerpräsident Viktor Orban am Montag das Parlament über die Pläne der Regierung. Der Generaldirektor der für die Giftschlammkatastrophe verantwortlichen Aluminiumfirma MAL wurde festgenommen, gab Orban bekannt. Das Unternehmen soll unter staatliche Kontrolle gestellt werden, kündigte der Premier laut der Nachrichtenagentur MTI an. Die Worte Orbans wurden von den Abgeordneten mit Applaus quittiert.
Orban gab auch bekannt, dass der Posten eines Katastrophenschutzbeauftragten eingerichtet werden soll. Dieser soll sich nun um die gesamte Kontrolle der Firma MAL kümmern, damit die Produktion in dem Werk möglichst bald aufgenommen werden kann. Eine entsprechende Gesetzesänderung könnte bereits am Montag verabschiedet werden.
Ermittlungen laufen
Die Betreiberfirma der Aluminiumhütte kondolierte am Sonntag den Hinterbliebenen der sieben Todesopfer. MAL entschuldigte sich dafür, das erst sechs Tage nach dem Bruch des Damms getan zu haben. Ferner erklärte sich das Unternehmen bereit, „im Verhältnis zu seiner Verantwortung“ Schadenersatz zu leisten. Die Höhe des Sachschadens ist noch nicht absehbar.
Umweltstaatssekretär Zoltan Illes sagte, allein an Geldstrafen für Schäden an Wasserwegen und Umwelt seien bereits 19,2 Milliarden Forint (70 Mio. Euro) anefallen. Gegen MAL wird ermittelt, die Behörden beschlagnahmten inzwischen Unterlagen und gehen dem Verdacht der Fahrlässigkeit nach. Erste Zeugen wurden befragt.
Atemmasken gegen Staub
In den betroffenen Gebieten müssen die Menschen seit Sonntagabend Atemmasken und Schutzbrillen tragen. Der Schlamm trockne zusehends, die Staubkonzentration in der Luft gefährde inzwischen die Gesundheit, teilte der ungarischen Gesundheitsdienst ANTSZ mit.
Der giftige Staub könne die Haut, die Schleimhäute sowie die Augen reizen. Alle Helfer in dem Gebiet müssten deshalb neben Gummistiefeln und -handschuhen dichtverschlossene Kleidung, Schutzmasken und -brillen tragen. Sollten sie dennoch mit dem Staub oder Schlamm in Berührung kommen, sollen sie sich sofort mit klarem Wasser waschen.
Das erste Briefing der fünf Experten der EU-Kommission - darunter Alarich Riss aus dem Umweltbundesamt - durch die ungarischen Einsatzkräfte fand am Montagnachmittag statt. „Sie haben zunächst den Status quo erfahren“, hieß es aus dem Büro von Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) gegenüber der APA.
Entwarnung gab es aus dem Ressort, was mögliche gesundheitliche Belastungen durch die Verfrachtung des roten Staubes nach Österreich betrifft: „Die Konzentration ergibt keinen gesundheitlichen Schaden, das ist auszuschließen. Giftstaub, der Österreich verseucht, ist an den Haaren herbeigezogen.“
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