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Massive Auswirkungen befürchtet

Die letzte Uranmine am südlichen Rand des Grand Canyon - nur wenige Schritte vom heutigen Touristencenter entfernt - schloss 1972 ihre Pforten. Doch im gesamten Grand Canyon Gebiet werden noch zahlreiche weitere Uranvorkommen vermutet. Gleich mehrere Unternehmen prüfen derzeit einen möglichen Abbau und nähren die Sorgen vor massive Umweltbelastungen in dem sensiblen Naturgebiet.

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Der Hunger der Welt nach Uran wächst ständig. Durch den Ausbau von atomaren Stromanlagen hat sich der Verbrauch des radioaktiven Metalls deutlich erhöht. Wurden 2006 weltweit 66.500 Tonnen Uran benötigt, geht die Atomenergiebehörde (IAEO) bis 2030 von einem doppelt so hohen Bedarf aus. Entsprechend sind die Preise für das begehrte Material in den letzten Jahren angestiegen.

Tausende Anträge auf Probebohrungen

Nachdem US-Präsident Barack Obama zuletzt den Ausbau von Nuklearanlagen zu einem wichtigen Ziel erklärte, wird auch in den USA fieberhaft nach neuen Uranquellen gesucht und man stieß dabei auf die alten Vorkommen im Grand Canyon. Mehrere Tausend Anträge auf Probebohrungen sind laut dem Magazin „High Country News“ („HCN“) bisher schon beim Bundesstaat Arizona eingegangen. 2008 wurden dem britischen Bergbauunternehmen Vane Minerals Probebohrungen am Südrand des Grand Canyon gestattet, im Jahr darauf folgte eine kanadische Firma, die an fünf Stellen im Norden nach Uranvorkommen schürfte.

Im Juli 2009 sah sich Innenminister Ken Salazar gezwungen, eine zweijährige Auszeit für neue Uranbohrungen zu verhängen. Der Grand Canyon Watersheds Protection Act schützt seitdem das Gebiet vor Raubbau an der Umwelt. Doch um einen dauerhaften Schutz zu gewährleisten, muss er erst vom Kongress abgesegnet werden.

Carletta Tilousi

AP/Ross D. Franklin

Carletta Tilousi kämpft für eine intakte Natur im Grand Canyon.

Ureinwohner kämpfen gegen Uranabbau

Vor allem der im Canyon lebende Stamm der Havasupai fürchtet massive Schäden für Umwelt und Gesundheit. Die rund 600 Havasupai, die in einem kleinen Dorf am Fuße des Grand Canyon leben, sehen sich selbst als Schützer und Bewahrer der Natur in dem sensiblen Gebiet. Im Frühjahr dieses Jahres reisten deshalb vier Stammesführer nach Washington, um direkt bei Obama auf die Gefahren, die der Uranabbau für ihren heiligen Berg und die Wasser des Colorado Rivers hat, hinzuweisen.

Eine der führenden Rednerinnen der Havasupai ist Carletta Tilousi. Sie lebt ebenfalls im Grand Canyon und ist auch auf das Wasser des Colorado Rivers angewiesen. „Bergbaukonzerne laufen dem Uran nur wegen ihrer eigenen Profitgier nach“, erklärte sie gegenüber dem britischen Nachrichtensender BBC. „Das einzige, was wir davon haben, ist die Verseuchung des Gebiets. Wir sind besorgt um die Zukunft unserer Kinder, darum kämpfen wir dagegen.“

Gefahr für das Trinkwasser von Millionen

Ihre Befürchtungen werden von einem geologischen Gutachten, das die Risiken von Uranminen in einer sechsmonatigen Studie festhielt, bestätigt. Uran kommt in der Natur nicht als Metall vor, sondern gebunden in unterschiedlichen Mineralien, u. a. als Uranoxid. Die Wissenschaftler prüften, ob der Abbau das Grundwasser belasten kann. Denn der Colorado River ist die Trinkwasserquelle von rund 30 Millionen Menschen von Los Angeles bis Las Vegas. „Theoretisch kann Uran ins Trinkwasser gelangen“, warnte Andrea Alpine, Mitautorin der Studie.

Auch der Geologe Jim Otton, der an der Studie mitwirkte, kann eine erhöhte Verseuchung des Gebiets nicht ausschließen. Wenn Uran mit Sauerstoff in Kontakt komme, werde es wasserlöslich, zudem könne radioaktiver Staub durch den Wind vertragen oder vom Regen ausgeschwemmt werden.

Erhöhte Krebsgefahr

Wie mit dem Thema Uranabbau in der Region umgegangen wird, zeigte ein Lokalaugenschein eines BBC-Reporters in der einzigen derzeit aktiven Uranmine am Nordrand des Canyons. Die kanadische Firma Dension Mines Corporation beschäftigt dort 30 Bergarbeiter. Keiner der Männer trug Masken oder Handschuhe und ihre Gesichter und Hände waren mit Uranstaub bedeckt. Zwar versicherten die Firmenverantwortlichen, dass keiner der Arbeiter durch den direkten Verzehr von Uran gefährdet sei, doch Experten sehen das anders.

Lee Grier, Biologe an der Universität von Kalifornien, erklärte, dass der direkte Kontakt mit Uran durchaus gesundheitsgefährlich sein kann. Zudem verwies er auf das Navajo-Reservat in unmittelbarer Nähe, das immer noch unter den Folgen des jahrelangen Uranabbaus und der Weiterverarbeitung leide. Jahrelange Kontamination mit dem Metall könne zu erhöhter Krebswahrscheinlichkeit führen, erklärte Grier. Zudem wird Uranvergiftung mit Leukämie, Nierenproblemen und Geburtsschäden in Verbindung gebracht.

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