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Kabinett beschließt Energiekonzept

Die Atomkraftwerke in Deutschland sollen im Schnitt zwölf Jahre länger am Netz bleiben. Das hat das deutsche Bundeskabinett am Dienstag in Berlin beschlossen. Bei den AKW-Standorten kam es bereits in der Nacht zu heftigen Protesten. Die Atomanlagen wurden beleuchtet und Anti-Atom-Sprüche darauf projiziert.

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Nach dem Willen von Union und FDP sollen die sieben vor 1980 ans Netz gegangenen Meiler acht Jahre länger laufen, die übrigen zehn Atomkraftwerke bekommen 14 Jahre mehr. Damit würde der letzte Atommeiler nicht vor dem Jahr 2036 vom Netz gehen. Wird ein AKW früher abgeschaltet, dürfen dessen Reststrommengen auf jüngere Anlagen übertragen werden.

Das neue Energiekonzept sieht auch einen Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Ebenfalls zu dem Paket gehört eine Kernbrennstoffsteuer, durch die auf AKW-Betreiber jährlich 2,3 Milliarden Euro an Belastungen zukommen. Zudem sollen die Konzerne einen Klima- und Ökofonds speisen, in den sie bis 2016 zunächst rund 1,4 Milliarden Euro einzahlen müssen.

Atomausstieg rückgängig gemacht

Nach den Plänen der deutschen Regierung sollen die 17 Atomkraftwerke des Landes zwischen acht und 14 Jahre länger laufen als bisher geplant. Damit wird der von der früheren rot-grünen Regierung vor rund zehn Jahren durchgesetzte Atomausstieg teilweise rückgängig gemacht.

Von den zusätzlichen Gewinnen der Energiekonzerne will die Regierung im Gegenzug rund 30 Milliarden Euro abschöpfen. Knapp die Hälfte dieser Einnahmen soll in den Etat und in die Sanierung des maroden Atomlagers Asse investiert, der andere Teil für den Ausbau der erneuerbaren Energien verwendet werden.

Demos an allen AKW-Standorten

Bereits in der Nacht demonstrierten Greenpeace-Aktivisten an allen Standorten von Atomkraftwerken in Deutschland. Sie projizierten dabei den Slogan „Atomkraft schadet Deutschland“ an die Reaktoren und Kühltürme der Kraftwerke.

Protest-Projektion auf Atomreaktor Gundremmingen

AP/dapd/Lukas Barth

Die Demonstranten beleuchteten die Atommeiler.

„Wer heute für die Laufzeitverlängerung stimmt, entscheidet sich gegen die Menschen in diesem Land“, erklärte Greenpeace-Energieexperte Tobias Münchmeyer. „Das sogenannte Energiekonzept der Bundesregierung ist nicht mehr als die Verpackung für ein milliardenschweres Geldgeschenk an die Atomkonzerne.“

Warnung vor Gefahren

Die Umweltschützer verlangen auch die Abschaltung der sieben ältesten Reaktoren sowie des nach Pannen stillstehenden Meilers Krümmel in Schleswig-Holstein und einen endgültigen Atomausstieg bis 2015. „Die Gefahr der radioaktiven Verseuchung durch einen schweren Reaktorunfall ist nicht gebannt. Es wird immer mehr hoch radioaktiver Atommüll produziert, für den es kein Endlager gibt“, so Münchmeyer weiter.

Protest-Projektion auf Atomreaktor Brokdorf

APA/DPA/Fabian Bimmer

Mit Slogans soll auf das Problem aufmerksam gemacht werden.

Regierung verteidigt Verlängerung

Die Koalition von Union und FDP hält längere AKW-Laufzeiten für nötig, um den Strompreis stabil zu halten und den Umstieg auf erneuerbare Energien zu schaffen. Umstritten ist, ob der deutsche Bundesrat dem Laufzeitplus zustimmen muss. Schwarz-Gelb hat in der Länderkammer keine Mehrheit mehr und hält die längeren Laufzeiten für nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Die Opposition kündigte deshalb Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht an.

Merkel: Revolution

Das neue Energiekonzept der deutschen Regierung sieht eine weitgehende Umstellung auf Ökoenergien bis 2050 vor. Allerdings bleiben darin viele Ziele vage, und ein Zwang zum energetischen Sanieren aller Gebäude wurde wieder gestrichen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht das Konzept als Revolution an, weil damit eine langfristige Energiepolitik gemacht werde.

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