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Woodward-Buch sorgt für Aufregung

Bei der Suche nach seiner Afghanistan-Strategie hat US-Präsident Barack Obama einem neuen Buch zufolge ein heftig zerstrittenes Beraterteam zur Seite gestanden, das sich bei den Besprechungen in der Kommandozentrale andauernd in die Haare geraten ist: US-Starjournalist und Watergate-Aufdecker Bob Woodward enthüllt in seinem neuen Werk, wie chaotisch Obama seinen Plan für Afghanistan finden musste.

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Das neue Buch „Obama’s Wars“ („Obamas Kriege“) schlägt schon Wellen, bevor es kommende Woche in die Geschäfte kommt. „Washington Post“ und „New York Times“ zitieren die Beschimpfungen, die in den höchsten Kreisen der US-Regierung gefallen sein sollen. Mit Dutzenden Interviews zeichnet Woodward ein düsteres Bild vom tiefen Misstrauen zwischen Militärs und Regierung.

„Wasserwanzen“, „Mafia“, „Politbüro“

So habe Vizepräsident Joe Biden den Afghanistan-Gesandten Richard Holbrooke den „egoistischsten Bastard“ genannt, „den ich je getroffen habe“. Von „Wasserwanzen“, „Mafia“ und „Politbüro“ sprach Obamas Sicherheitsberater James Jones. General David Petraeus, seit kurzem Topkommandeur in Afghanistan, rühmte sich vor Vertrauten, mit ihm könne die Regierung „nicht so umspringen“.

Petraeus äußerte laut Woodward Vorbehalte gegen enge Mitarbeiter Obamas. Mit dessen ranghöchstem Berater, David Axelrod, spreche er nicht gerne, weil er ihn für einen „totalen PR-Mann“ („Spin Doctor“) halte. Und Robert Gates, so die bisherigen Exzerpte des Buches, sei einmal beinahe wutentbrannt aus dem Oval Office gestürmt, weil ihn jemand beleidigt habe.

Generalleutnant Douglas Lute, Obamas Afghanistan-Berater, wird mit der Einschätzung zitiert, dass Obamas Strategie-Entscheidung nicht im Einklang mit seiner Lageanalyse stehe. Generalstabschef Admiral Mike Mullen hatte derweil offenbar den Eindruck, dass sein Stellvertreter, General James Cartwright, ihm in den Rücken gefallen sei. Cartwright habe Mullen abgelehnt, weil dieser keine Kriegserfahrung habe.

Obamas verzweifelte Suche nach Rückzugsstrategie

Nach monatelangen Beratungen mit seinem nationalen Sicherheitsteam hatte Obama im Dezember entschieden, für den Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban die Zahl der US-Truppen in Afghanistan kurzzeitig um 30.000 auf über 100.000 Soldaten aufzustocken. Gleichzeitig aber setzte er den Juli 2011 als Datum für den Rückzugsbeginn fest – auch, um es allen recht machen zu wollen. Die Forderung des Pentagon nach 40.000 zusätzlichen Soldaten wies er zurück.

Holbrooke und andere Berater werden in dem Buch mit der Einschätzung zitiert, dass Obamas Strategie nicht funktionieren könne, die US-Truppenpräsenz in Afghanistan zeitlich zu begrenzen. „Ich will eine Rückzugsstrategie“, zitiert Woodward Obama, den er für sein Buch interviewte. Obama sei davon überzeugt, dass ihm die amerikanische Öffentlichkeit nur zwei Jahre zur Lösung des Afghanistan-Konflikts gebe. Zudem sei ein Fahrplan für den Rückzug notwendig, weil er „nicht die ganze Demokratische Partei“ verlieren könne.

Immer wieder habe Obama Ende letzten Jahres seine Militärs um eine „Exit Strategy“ gebeten. Doch die Militärs hätten nur immer wieder neue Forderungen nach mehr Soldaten gestellt. Obama sei derart frustriert gewesen, so dass er am Ende selbst ein Papier vorgelegt habe, in dem er den Weg wies. „Ich will eine Strategie für den Ausstieg.“

Karzai manisch-depressiv?

Woodward zitiert auch bisher nicht bekannte US-Geheimdienstinformationen. Demnach ist der afghanische Präsident Hamid Karzai manisch-depressiv, die Krankheit werde mit Medikamenten behandelt. Ein Sprecher Karzais, Wahid Omar, wies das in Kabul umgehend zurück. „Der Präsident ist sicher und gesund“, sagte Omar.

„Ich kann bestätigen, dass er keine Medikamente nimmt.“ Das Zitat in dem Buch Woodwards sei eine „unbegründete, aufrührerische Äußerung, die ihre Wurzeln in einer verleumderischen Kampagne gegen Präsident Karzais persönliche Integrität, Führung und seine Haltung in Angelegenheiten von nationalem afghanischen Interesse“.

Geheime CIA-Truppe im Einsatz

Der US-Geheimdienst CIA betreibt Woodward zufolge eine 3.000 Mann starke Schattenarmee in Afghanistan. Es handle sich dabei um eine gut ausgebildete Elitetruppe. Sie habe die Aufgabe, in Afghanistan und Pakistan radikal-islamische Taliban aufzuspüren und zu töten. Die Armee setze sich auch verdeckt agierenden paramilitärischen Anti-Terror-Einheiten mit dem Namen CTPT (Counterterrorism Pursuit Teams) zusammen. Diese bestünden weitgehend aus afghanischen Soldaten. Mit ihnen verfolgt der CIA das Ziel, die Rückzugsräume der Terrororganisation Al-Kaida im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan zu zerstören.

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