Bravourstücke der Sinnlichkeit
Helmut Newton brachte den Sex in die Fotografie. Die Liste der Superlative, mit denen der Tausendsassa bedacht wurde, ist lang. Seine Mode- und Aktfotografien waren Bravourstücke voll von Sinnlichkeit, Lust und Dekadenz. Kühl und distanziert wirkten die Models auf seinen Bildern.
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1920 als Kind jüdischer Eltern in Berlin geboren, machte Newton seine ersten fotografischen Schritte im Atelier der legendären Künstlerin Yva. Zwei Jahre ging er bei ihr, in die er unsterblich verliebt war, in die Lehre. Inmitten der Wirren des Zweiten Weltkrieges flüchtete der 18-Jährige aus Deutschland.

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Porträts von Helmut und June Newton im Berliner Museum für Fotografie (2004)
Erste Station war Singapur, wo er mit drei Dollar in der Tasche und seiner Kamera von Bord ging. Die darauf folgenden 17 Jahre verbrachte er in Australien, wo er sich zunächst als Saisonarbeiter durchschlug und später fünf Jahre in der Armee diente. Sein Glück und beruflich den Weg durchs Leben fand er in seiner großen Liebe June. Seit 1948 waren die beiden verheiratet. Erst mit über 40 wurde Newton der Meister der kühl-erotischen Fotografie. Als Sexisten und Pornografen verschrien ihn seine Feinde. Er meinte dazu nur, aus seinen Bildern sei zu ersehen, dass er Frauen liebe. „Auf meine besondere Art bin ich Feminist.“
Revolution in der Mode- und Werbefotografie
In den 1960er Jahren löste Newton mit seinen Mode- und Werbefotos eine wahre Revolution aus. „Ich kam frisch aus dem australischen Busch und habe vollkommen instinktiv gegen die schreckliche Milde jener Zeit angearbeitet“, erzählt er über seinen ersten Versuche in der Modewelt. Fotografiert hat er sie alle - die Großen, die Mächtigen. Auch der frühere UNO-Generalsekretär und österreichische Bundespräsident Kurt Waldheim kam ihm vor die Linse. Zu seinen Lieblingsfotos gehörten aber die Bilder von seiner Frau June.

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Helmut Newton im November 2003 in Paris
Mit dem Wort Erotik könne er nichts anfangen, gab Newton immer wieder zu. „Ich wäre längst tot, wenn ich so aufregend leben würde wie auf meinen Fotos“, kokettierte er. Menschen mit Macht faszinierten ihn jedoch seit jeher. Das Leben müsse sich in den Gesichtern widerspiegeln, fordert er. Er gab sich als Feind von gefälligen Beautys und genormten Supermodels.
Thatcher als sein liebstes „Pin-up“
Deshalb bezeichnete er auch die Grand-Dame der britischen Konservativen, Margaret Thatcher, als sein liebstes „Pin-up“. Als sie als Premierministerin zurückgetreten war, durfte Newton die „Eiserne Lady“ ablichten. Das Fotoshooting verlief ganz nach dem Willen von Thatcher. Selbst den Wunsch Newtons, Wind durch ihre „Betonfrisur“ fahren zu lassen, schlug sie aus. Sie gab nichts von sich preis.
Im Oktober 2003 übergab Newton seine weltberühmte Fotosammlung an seine Heimatstadt Berlin. Er unterschrieb in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz einen entsprechenden Vertrag. Damit erfüllte sich für ihn auch ein persönlicher Traum. Kurz darauf, im Jänner 2004, kam der weltweit bestbezahlte Fotograf 83-jährig bei einem Autounfall in den USA ums Leben.
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