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Reue und Geständnis

Die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa ist zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, weil sie trotz einer HIV-Infektion ungeschützten Sex hatte. Das Amtsgericht Darmstadt sprach den Popstar am Donnerstag der gefährlichen Körperverletzung sowie der versuchten gefährlichen Körperverletzung schuldig. Dabei ging es um ungeschützten Sex mit zwei verschiedenen Männern.

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Die 28-jährige hatte zu Beginn des Prozesses ein Geständnis abgelegt. Benaissa hatte in ihrem Schlusswort noch einmal Einsicht gezeigt. Sie beteuerte in dem Verfahren, es tue ihr „von Herzen leid.“ „Ich habe einen riesigen Fehler gemacht“, sagte sie. „Ich wünsche, ich könnte die Zeit zurückdrehen und es ungeschehen machen.“

Benaissa soll in insgesamt fünf Fällen mit drei Männern ungeschützten Sex gehabt haben, dabei soll sich 2004 ein Mann mit dem Aids-Virus infiziert haben. Dieser trat in dem Prozess als Nebenkläger auf. Die Sängerin war im April 2009 festgenommen worden und hatte zehn Tage in Untersuchungshaft gesessen.

Staatsanwaltschaft für Bewährungsstrafe

In ihren Plädoyers hatten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und auch die Nebenklage für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen. Mit dem Urteil folgte das Gericht exakt dem Antrag der Anklagevertreter. Staatsanwalt Peter Liesenfeld hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert. Der Verteidiger verlangte eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht und legte sich nicht auf ein Strafmaß fest.

Nadja Benaissa mit ihrem Rechtsvertreter

AP/Boris Roessler

Benaissa mit ihrem Rechtsanwalt im Verhandlungssaal

War sich der Risiken bewusst

Das Gericht folgte der Argumentation der Anklage, nach der Benaissa sich der Risiken bewusst war und fahrlässig handelte. Ihr Geständnis zu Prozessbeginn und die Umstände ihrer Lebenssituation seien als strafmildernd zu berücksichtigen, begründete der Staatsanwalt sein erfolgreiches Plädoyer für eine Bewährungsstrafe. Da die Sängerin zum Zeitpunkt der Haupttat 22 Jahre alt war, solle sie nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, argumentierte er.

300 Stunden gemeinnützige Arbeit

Richter Dennis Wacker sagte, dass Benaissa den von ihr angesteckten Mann „zu keinem Zeitpunkt über ihre HIV-Infektion aufgeklärt“ habe. Der Popstar wurde außerdem zu 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

Scharfe Kritik von Aids-Hilfe

Die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) bedauerte das Urteil in einer ersten Reaktion: Von dem Urteil gingen die falschen Botschaften aus, die der HIV-Prävention und der Emanzipation von chronisch Kranken in Deutschland schaden würden. „Ich halte dieses Urteil für falsch. Es wird der HIV-Prävention dramatischen Schaden zufügen. Wir sehen die Politik nun in der Pflicht, das Strafrecht der Lebensrealität anzupassen“, sagte Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH.

Marianne Rademacher, Frauenreferentin der DAH sagte: „Wenn die Verhütung vor allem Frauen und HIV-Positiven einseitig zugeschrieben wird, setzen wir die gemeinsame Verantwortung zweier Menschen außer Kraft.“

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