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Fehlende Leiter verhinderte Flucht

Nach mehr als zwei Wochen haben die 33 in Chile verschütteten Bergleute nun frisches Wasser, Nahrung und Medikamente erhalten. Dass ihre Rettung aus 700 Metern Tiefe bis Weihnachten dauern könnte, teilten die Einsatzkräfte ihnen am Dienstag vorerst nicht mit. Die Behörden baten nun die NASA um Hilfe. Die Kumpel waren nur aufgrund einer fehlenden Leiter nicht rechtzeitig ins Freie gelangt.

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Den verschütteten Arbeitern geht es offenbar gut. Wie sie allerdings die Nachricht verkraften, dass sie noch Monate in einer kleinen Höhle eingezwängt verbringen müssen, scheint noch nicht absehbar zu sein. Das chilenische Gesundheitsministerium erhofft sich nun von der NASA Hilfestellungen, wie die schwierige Situation der Eingeschlossenen möglichst gut bewältigt werden kann. Die Umstände seien ähnlich wie in U-Booten und auf der Internationalen Raumstation (ISS).

„Bergleute beschäftigen“

Man müsse ihnen schonend beibringen, dass die Rettung Wochen dauern kann, meinte Gesundheitsminister Jaime Manalich. Über ein Funktelefon kann man nun mit ihnen kommunizieren. Man hofft, dass Angehörige, die mit den Bergleuten sprechen, sich nicht „verplappern“.

Auch die Traumaspezialistin Lesley Peekman-Kerr sagte gegenüber dem britischen „Guardian“, man müsse den Männern ihre Situation behutsam klarmachen, dürfe aber gleichzeitig keine falschen Hoffnungen machen. Würden diese enttäuscht, sei das Vertrauen gebrochen. Wichtig sei es außerdem, eine tägliche Routine zu etablieren. Die Männer müssten auch beschäftigt werden, damit sie abgelenkt sind. Übungen seien wichtig, auch damit die überschüssige Energie nicht in Aggression münde, so Peekman-Kerr.

„Ihnen fehlte schlicht die Leiter“

Wie am Dienstag bekanntwurde, waren die Bergleute offenbar nur wegen einer fehlenden Leiter am Lüftungsschaft nicht rechtzeitig ins Freie gelangt. „Sie versuchten, herauszukommen. Aber ihnen fehlte schlicht die Leiter dazu“, sagte Bergbauminister Laurence Golborne, nachdem er mit den eingeschlossenen Arbeitern kommuniziert hatte. Demnach hätten die Kumpel innerhalb der folgenden zwei Tage nach dem Einsturz der kleinen Gold- und Kupfermine „San Jose“ ins Freie gelangen können. Erst nachträgliche Erdrutsche hätten den Zugang zum Lüftungsschacht dann endgültig versperrt.

Arbeit an Bergungsschacht begonnen

Mittlerweile wurde mit den Arbeiten an einem Bergungsschacht begonnen. Ingenieure bereiten die Errichtung eines Bohrers vor, der einen Schacht mit einem Durchmesser von rund 60 Zentimetern zu den Eingeschlossenen treiben soll. Über einen Käfig sollen die festsitzenden Arbeiter dann nach oben gezogen werden.

Über einen Schlauch wurden bereits am Montag erste Vorräte in die Tiefe geschickt. Als Nahrung erhielten sie zunächst eine Glukoselösung sowie Medikamente, die Magengeschwüre verhindern sollen. Erst in den kommenden Tagen sollen die Verschütteten dann wieder feste Nahrung zu sich nehmen. Gesundheitsminister Manalich sagte, dass dafür ein kalorienreiches Joghurtgetränk, das speziell für Astronauten entwickelt wurde, zu den Bergleuten hinuntergelassen werden soll.

Zwei Löffel Thunfisch und ein halbes Glas Milch

Dank des Funktelefons konnten die eingeschlossenen Bergleute den Helfern und Regierungsvertretern an Ort und Stelle von ihrer strikt reglementierten Überlebensstrategie der vergangenen Tage berichten: Im Abstand von 48 Stunden gestatteten sich die Männer jeweils zwei Esslöffel Thunfisch und ein halbes Glas Milch, wie Isabel Allende, die Senatorin für die Nordregion, in der die Mine liegt, sagte.

Nach Angaben von Golborne tranken die Kumpel zudem das Wasser, das von den Höhlenwänden lief. Die Männer hätten nach Nahrung und Zahnbürsten verlangt, sagte der Minister. Außerdem auch etwas für ihre Augen, die unter dem Staub leiden. Das chilenische Fernsehen zeigte am Montagabend Bilder von Golborne und den Rettungskräften, die um einen Telefonhörer herumstehend mit den Verschütteten sprachen.

Jubel unter Tag

„Herr Minister, es geht uns allen gut“, sagte einer der Bergleute, der sich als „Luis Urzua, Schichtleiter“ vorstellte. Der Arbeiter fragte den Minister nach dem Schicksal der Kollegen, die zum Zeitpunkt des Einsturzes der Mine auf dem Weg nach draußen waren. „Alle sind unversehrt herausgekommen“, sagte Golborne. „Es gab keine Opfer.“ Die Verschütteten reagierten auf die Nachricht mit lautstarkem Jubel und riefen den bei Sportveranstaltungen üblichen Schlachtruf „Chi-chi-chi Le-le-le“ und stimmten die Nationalhymne an.

Die Bergarbeiter harren seit dem 5. August in knapp 700 Metern Tiefe unter Tage aus. Damals stürzte die kleine Gold- und Kupfermine San Jose am Rand von Copiapo in der Atacama-Wüste, etwa 850 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago, ein. Am Sonntag schickten die Verschütteten über eine heruntergelassene Sonde zwei kleine Briefe als erstes Lebenszeichen an die Außenwelt und lösten damit einen landesweiten Freudentaumel aus.

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