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Widerstand gegen die „Fremdherrschaft“

Nicht nur in Australien, sondern auch in Kanada gibt es immer wieder eine Debatte über die Queen als Monarchin der früheren Kolonie. Zuletzt hatte die Debatte über die Staatsform Monarchie im Zuge des Besuchs von Queen Elisabeth II. Anfang des Sommers neue Nahrung erhalten.

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Kanadas Staatsoberhaupt gehört zu den preisgünstigsten der Welt. Einen eigenen Palast hat die 84-jährige Dame in der Hauptstadt Ottawa ebenso wenig wie einen Fahrer, einen Stab und eine Flugbereitschaft. Kein Wunder, Kanadas Nummer eins ist ja auch nur alle paar Jahre in Kanada: Staatsoberhaupt des zweitgrößten Landes der Welt ist Elisabeth II., Königin von Großbritannien und Nordirland.

Kaum Aussicht auf Erfolg

Gegen diese bemerkenswerte Konstruktion regt sich Widerstand im Land - allerdings schon seit Jahrzehnten und mit mäßiger Aussicht auf Erfolg. Der Norden der Neuen Welt wurde zuerst von französischen Entdeckern erforscht. Noch heute achten die Frankokanadier ebenso sehr auf die Achtung ihrer Kultur, wie es die Franzosen in Europa tun.

Dabei war Frankreich vor 250 Jahren im Siebenjährigen Krieg herausgedrängt worden, Canada (irokesisch für Dorf) wurde britisch und nahm auch zwei Jahrzehnte später die königstreuen Siedler auf, die in den neuen USA keine Heimat mehr hatten. Am 1. Juli 1867 - seither Feiertag - vereinigten sich vier Provinzen - die Geburtsstunde Kanadas.

Eigenständig, aber britisch

Doch das Land blieb britisch. Auch wenn es eigenständig auftrat, Kriege erklärte (zum Beispiel 1939 Deutschland) und Verträge schloss: Unabhängig wurde Kanada erst, als der Begriff Kolonie schon reichlich angestaubt klang, vor nicht einmal 30 Jahren im April 1982. Staatsoberhaupt blieb Königin Elizabeth II., die die Kanadier jeden Tag von Münzen und den meisten Geldscheinen anblickt.

„Jemand, der aus diesem Land kommt“

„Wir sind die einzige Ex-Kolonie, die im Parlament die endgültige Loslösung nicht einmal diskutiert hat“, sagte Tom Freda. Der Chef der Bewegung „Bürger für eine kanadische Republik“ kämpft seit Jahrzehnten darum, dass Kanada ein gewähltes, ein eigenes Staatsoberhaupt hat. „Nichts gegen die Königin. Aber wir wollen jemanden, der aus diesem Land kommt, hier lebt, unsere Probleme kennt, uns kennt.“

In einer neuen Umfrage hätten sich nur 33 Prozent für die Monarchie ausgesprochen, sagte Freda triumphierend. Er verschwieg allerdings, dass für die Republik auch nur 37 Prozent waren. Das Thema steht nicht ganz oben auf der Tagesordnung, aber es bewegt die Menschen seit Jahrzehnten. Der Konflikt klafft auch da, wo Kanada ohnehin nur notdürftig geflickt ist: Nur wenige Frankokanadier fühlen sich von der englischen Königin vertreten.

„800 I’m loyal“

Dafür hat die „Monarchist League of Canada“ kein Verständnis. Wer irgendwo im Land „800 I’m loyal“ („Ich bin treu“) in sein Telefon tippt, kann bei der Liga Postkarten der Königin, Briefmarken mit Prinz William und Bierkrüge mit der lächelnden Queen Mum kaufen.

Hier sieht man die Königin als Garanten der Einheit und der Freiheit: Weil die Königin alle Gesetze gegenzeichnen muss, könne sich jeder Kanadier darauf verlassen, dass die Spielregeln der Demokratie eingehalten werden. „Republikanismus? Zersplitterung, ein Schlag gegen das Nationalgefühl und ein Sieg der politischen Elite!“ heißt es bei den Königstreuen.

Vertreterin als „Gegenpol“

Immerhin hat Kanada einen Generalgouverneur als inländischen Vertreter, und die Amtsinhaberin ist ziemlich das Gegenteil der Königin: Michaelle Jean ist 52 Jahre alt, in Haiti geboren - und schwarz. Die vielsprachige Journalistin machte Schlagzeilen, als sie ihre Verbundenheit mit den Eskimos bewies: Sie schnitt einer geschlachteten Robbe das Herz heraus und aß es roh. „Absolut köstlich“ sei es gewesen.

Warten auf Zeit nach der Queen

Der Streit geht seit Jahrzehnten hin und her, und keine Seite scheint die Oberhand zu gewinnen. Doch die Republikaner sind optimistisch: „Wenn die Königin stirbt, werden Australien, Neuseeland, Jamaika und andere die Gelegenheit nutzen, und sich endgültig abnabeln“, sagt Freda. Die Frage, ob er noch eine Republik Kanada erleben werde, reizt den sonst so kämpferischen Mann zum Lachen: „Ich wünsche der Königin alles Gute. Aber sie ist 84. In spätestens 20 Jahren ist Kanada eine Republik.“

Chris Melzer, dpa

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