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Schlechtes Omen oder Verschwörungstheorie?

An den Börsen herrscht nach deutlichen Warnsignalen aus den USA und Europa weltweit eher schlechte Stimmung. Und nun droht zu allem Überfluss noch ein starker Kursverfall, disparate Kursbewegungen haben das „Hindenburg-Omen“ aktiviert.

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Das „Hindenburg-Omen“, das nach dem gleichnamigen - 1937 brennend abgestürzten - deutschen Luftschiff benannt ist, bezeichnet eine bestimmte Konstellation an der Wall Street. Tritt diese innerhalb von 36 Tagen zweimal auf, droht ein Ausverkauf an Finanzwerten und ein schwerer Kurssturz.

Das „Hindenburg-Omen“ trat auch im Oktober 2008 auf - als infolge der Lehman-Brothers-Pleite weltweit die Börsenkurse in den Keller stürzten und die Weltwirtschaftskrise lostraten, berichtete der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg unter Berufung auf die Schweizer Bank UBS. In den Monaten der größten Kursverlusten seit der Krise der 1930er Jahre traf der Indikator mehrmals zu. Laut US-Wirtschaftsmagazin „Barron’s“ war der Fall bereits im Juli des Jahres erstmals eingetreten. Bereits damals hatten die Turbulenzen an den Börsen begonnen.

Plus- und Minusrekord

Ende letzter Woche wurde das Omen neuerlich ausgelöst, als jeweils mehr als 2,2 Prozent aller an den Wall Street notierten Werte ein Jahreshoch beziehungsweise ein Jahrestief erreichten. Weitere Kriterien sind, das die Anzahl der Jahreshochwerte nicht mehr als doppelt so hoch sein darf wie jene der Jahrestiefwerte.

Außerdem muss der Composite Index der New Yorker Börse im 10-Wochen-Durchschnitt steigend sein und der McClellan Oscillator negativ sein. Letzterer gibt an, wie viel Geld in und aus dem Markt fließt und soll helfen zu erkennen, ob der Markt überkauft oder überverkauft ist.

Öfter ohne Folgen

Nachgerechnet - der Indikator wurde von seinem Erfinder, dem blinden Mathematiker Jim Mieka, 1995 öffentlich vorgestellt - stand das Omen seit 1987 hinter jedem Marktcrash. Allerdings trat es laut dem „Wall Street Journal“ auch „viele Male“ ein, ohne dass darauf ein nennenswerter Abschwung gefolgt sei. Laut „Barron’s“ folgt im Schnitt nur auf jedes vierte „Hindenburg-Omen“ ein Crash.

„Ständig am Rande des Abgrunds“

Nach Ansicht von Albert Edwards, Veranlagungsstratege bei der Societe Generale, könnte der nun aktivierte Indikator - dieselbe Konstellation müssten ja binnen der nächste gut 30 Tage nochmals eintreten - andeuten, dass „ein dramatischer Aktienkurssturz unmittelbar bevorsteht“. Edwards riet Anlegern bereits, in den nächsten zehn Jahren in Anleihen statt in Aktien zu investieren. Letztere befänden sich „ständig am Rande des Abgrunds“.

„Lieben Verschwörungstheorien“

„Wir lieben alle guten Verschwörungstheorien“, nahm dagegen Joseph Battipaglia, Chefanalyst der Finanzgruppe Stifel Nicolaus, gegenüber dem „Wall Street Journal“ das „Omen“ recht gelassen. Marktbeobachter würden in reine Zufälle oft zu viel hineininterpretieren. Andrew Brenner, Geschäftsführer von Guggenheim Securities, hat für die Unruhe und das Geraune an der Wall Street nur Verachtung übrig: „Meiner Meinung nach klingt das, als ob die Leute noch vor dem Wochenende mit dem Alkoholtrinken begonnen hätten.“

Bemüht man den Hausverstand stellt sich jedenfalls eine Frage: Wie groß ist die Vorhersagekraft dieses Indikators noch, wenn selbst das „Wall Street Journal“ darüber berichtet und somit die gesamte Finanzbranche über einen möglicherweise drohenden Crash Bescheid weiß und sich darauf einstellen kann - wenn sie will.

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