Depression als Auslöser
„Manchmal ist eine Schreibblockade für die Leser ein Segen, das wollen wir nicht vergessen.“ Was Marcel Reich-Ranicki einmal derart ironisch kommentierte, ist die Künstler selbst oft die totale Katastrophe. Die Angst, dass die Inspiration zum künstlerischen Schaffen womöglich für immer versiegen könnte, lähmte schon so manches Genie.
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Ludwig van Beethoven etwa litt häufig unter kreativen Blockaden, speziell zwischen 1813 und 1820. In diesem Zeitraum komponierte er für seine Verhältnisse nur sehr wenig, und auch keines seiner berühmten Werke, verglichen mit seinem Schaffen davor und danach. Für den kargen Output soll es unterschiedliche Gründe geben: Beethoven litt schon damals schwer unter seinem immer schlechter werdenden Hörvermögen und hatte in dieser Zeit mit familiären Problemen zu kämpfen.
„Kreativitätsblockaden betreffen nicht nur Komponisten, Schriftsteller, bildende Künstler und Poeten. Auch innovative Wissenschaftler kennen dieses Phänomen“, erklärte Robert Winston vom Londoner Imperial College der BBC.
Oft ist auch der Beginn einer Depression Auslöser für eine Phase, in der ein Künstler keine Inspiration mehr findet. Wie die BBC berichtete, ist verschiedenen Studien zufolge auch Selbstmord unter kreativ arbeitenden Menschen überdurchschnittlich weit verbreitet. Als Grund wird angegeben, dass sie stärkeren Stimmungsschwankungen, Erfolgs- und Misserfolgserlebnissen und unsicheren beruflichen Situationen ausgesetzt sind.
Flucht in Drogen und Alkohol
Die scheinbare Ausweglosigkeit aus dieser Situation verleitet laut Robert Winston, Professor für Wissenschaft und Science am Imperial College in London, viele Künstler dazu, sich durch Drogen zumindest zeitweilig Hilfe zu verschaffen. Von Lord Byron, Mary Shelley und Edgar Allen Poe ist bekannt, dass sie zur kreativen Erbauung mit Opium und anderen Drogen experimentierten.
Auch Alkohol liegt bei kreativen Blockaden hoch im Kurs. Franz Schubert und Wolfgang Amadeus Mozart sollen genauso Alkoholiker gewesen sein wie Henri de Toulouse-Lautrec und Fjodor Dostojewski. Beethovens Hang zum billigen österreichischen Wein könnte ihm letztendlich sogar das Leben gekostet haben: Der Obduktionsbericht des Arztes Johann Wagner wies auf eine Leberzirrhose als Todesursache hin.

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Sergej Wassiljewitsch Rachmaninow
Hilfe durch Hypnose
Der russische Komponist Sergej Rachmaninow hoffte, die Musik zu revolutionieren, als er seine erste Symphonie im Alter von 24 Jahren komponierte. Als diese beim Publikum und in den Kritiken vernichtend durchfiel, stürzte Rachmaninow in eine tiefe Depression und schließlich eine anhaltende Schaffenskrise.
Nikolai Dahl, einem russischen Pionier auf dem Gebiet der Psychiatrie, gelang es, dem Komponisten mit Hilfe einer Hypnose-Therapie sein Selbstvertrauen zurückzugeben. Mit der neu gewonnenen Inspiration konnte Rachmaninow nicht nur wieder komponieren, er schuf im Anschluss an die Therapie sogar mit seinem zweiten Klavierkonzert eines der bekanntesten Werke der Romantik.
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