USA erfreut, Iran verärgert
Politische Morde und erbitterte Grabenkämpfe bestimmten das Schicksal des Libanons nach dem Attentat auf den früheren Regierungschef Rafik Hariri 2005. Dass König Abdullah von Saudi-Arabien jetzt versucht, in Beirut Frieden zu stiften, freut die Amerikaner und ärgert den Iran.
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Westliche Diplomaten hatten gedroht, gelockt und geschmeichelt, um Syrien aus der Umklammerung des Iran zu lösen - doch ohne messbaren Erfolg. Aber wenn sich der mit Washington verbündete saudische Monarch persönlich auf den Weg nach Damaskus macht, fällt es dem jungen Präsidenten, Baschar Al-Assad schwer, eine ablehnende Haltung einzunehmen. Denn das wäre, nach den Höflichkeitsregeln der arabischen Welt, ein Affront, der durch nichts wiedergutzumachen wäre.
Die gemeinsame Reise mit Assad in den Libanon soll der letzte Schritt auf dem Weg zur Aussöhnung zwischen Assad und dem libanesischen Regierungschef, Saad Hariri, dem Sohn des ermordeten Rafik Hariri, sein. Der erste Schritt waren drei Besuche von Saad Hariri in Damaskus gewesen, die auf Drängen Saudi-Arabiens und der Türkei zustande gekommen sein sollen. Beim letzten Besuch Mitte Juli hatten Syrien und der Libanon mehrere Kooperationsabkommen unterzeichnet.
Schwierige Annäherung
Blutige Auseinandersetzungen
Die Ermordung Rafik Hariris 2005 brachte den Libanon an den Rand eines erneuten Bürgerkriegs, wie er schon 1975 bis 1990 in dem multikonfessionellen Land geherrscht hatte. In der Regierungszeit von Ministerpräsident Fouad Siniora war es wiederholt zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der prowestlichen Rumpfregierung und der Hisbollah gekommen. Seit 2008 ist die Hisbollah in die Regierung integriert.
Was die Annäherung erschwert hat: Der junge Ministerpräsident ist der Sohn des sunnitischen Milliardärs Rafik Hariri, der im Februar 2005 in Beirut trotz Leibwache und gepanzerten Fahrzeugs einem Sprengstoffattentat zum Opfer gefallen war. Genau wie Hariri ist auch Assad zu Beginn seiner politischen Karriere vor allem „der Sohn“ gewesen: Er hatte 2000 nach dem Tod seines Vaters, Präsident Hafez Al-Assad, die Macht in Damaskus übernommen.
Das auf Beschluss des UNO-Sicherheitsrates eingesetzte Tribunal für die Aufklärung des Hariri-Attentats, das seinen Sitz in den Niederlanden hat, hält sich mit öffentlichen Äußerungen bisher zurück. Die Anklageschrift wird jedoch vor Ende dieses Jahres erwartet. Sie könnte, wenn auch nur die Hälfte dessen stimmt, was darüber bisher spekuliert wurde, jede Menge politischen Sprengstoff bergen. Selbst einen neuen Bürgerkrieg halten einige Beobachter für möglich.
Syrien unter Verdacht
In den ersten Wochen nach dem Attentat war der Verdacht auf Syrien gefallen, das seit dem Bürgerkrieg (1975-90) Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter im Libanon stationiert hatte. Dann kamen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der wenigen möglichen Zeugen der Anklage auf. Später hörte man lange gar nichts mehr. Im Frühjahr dieses Jahres hieß es schließlich, einige Hisbollah-Mitglieder seien an dem Mordkomplott beteiligt gewesen. Die Schiiten-Bewegung hat gute Kontakte zu Syrien und engste Beziehungen zum schiitischen Regime im Iran.

APA/EPA/Hezbollah Medie Office
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat nun gedroht, seine Bewegung werde die Entscheidungen des Hariri-Tribunals nicht akzeptieren. Er behauptete, der geplante Prozess sei eine „israelische Verschwörung“ mit dem Ziel, die Hisbollah zu zerstören. Nasrallah fügte hinzu, Saad Hariri habe ihn im vergangenen Mai darüber informiert, dass mehrere „undisziplinierte“ Hisbollah-Mitglieder vor dem Tribunal angeklagt würden. Hariri habe ihm aber gleichzeitig versichert, dass er selbst dann öffentlich verkünden wolle, dass die Hisbollah als Partei keine Schuld am Tod seines Vaters trage.
In Beirut und in mehreren arabischen Hauptstädten löste Nasrallahs Drohung Angst vor einem neuen bewaffneten Konflikt aus. Die Hisbollah hatte in den vergangenen Jahren mehrfach ihre gut bewaffnete Miliz in den Kampf geschickt: im Sommer 2006 gegen Israel, im Mai 2008 gegen Anhänger von Hariri.
Missfallen im Iran
Diplomaten vermuten allerdings, dass die kämpferische Rhetorik von Nasrallah auch damit zusammenhängt, dass dem Iran die jüngste Annäherung zwischen seinem Verbündeten Assad und dem Sunniten Hariri missfällt. Beinahe wäre die von König Abdullah eingefädelte Einigung, die langfristig auch positive Auswirkungen auf den eingefrorenen Nahost-Friedensprozess haben könnte, kurz vorher noch geplatzt, weil man sich in Washington zu laut und zu früh darüber freute.
„Wir denken, dass Präsident Assad und andere syrische Führer sehr genau auf die Worte von König Abdullah hören sollten“, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, in Washington. Das syrische Außenministerium giftete zurück: „Es ist weder die Aufgabe noch das Recht der Vereinigten Staaten, unsere Beziehungen zu den Ländern dieser Region festzulegen, oder sich in den Inhalt der erwarteten Gespräche während des Besuches des saudiarabischen Königs in Damaskus einzumischen.“
Anne-Beatrice Clasmann, dpa
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