Erst wenige Wochen Ministerin
Erst Anfang Juli hat Georgiens Präsident Micheil Saakaschwili die neue Wirtschaftsministerin Vera Kobalia ernannt. Gekannt hat die 28-Jährige niemand, im Februar war sie nach 15 Jahren in Kanada in die Heimat zurückgekehrt. Dafür ist sie jetzt bereits in aller Munde: Vor allem in russischen Medien macht ein Bild die Runde, das sie gemeinsam mit vier weiteren eher spärlich bekleideten Frauen zeigt.
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Für die regierungstreuen russischen Medien ist das freilich ein gefundenes Fressen, um die verfeindete Regierung in Georgien anzupatzen. Und tatsächlich sehen die Berichte eher wie eine Verleumdungskampagne gegen das Nachbarland aus.
„In Striplokal engagiert“
Schon zuvor hatte es geheißen, Saakaschwili würde Stripperinnen in sein Kabinett holen. Die Zeitungen, allen voran das Boulevardblatt „Komsomolskaja Prawda“, schreiben, das Bild sei im Februar in einem Striplokal in Vancouver aufgenommen worden. Dort hätte Saakaschwili, der gerade die Olympischen Spiele besuchte, sie persönlich entdeckt und sie ob ihres Erscheinungsbildes quasi nach Georgien mitgenommen.

Screenshot facebook.com
Kobalia (Mitte) neben ihrer Schwester und Freundinnen
Auf dem Foto ist aber weder zu erkennen, wo sich der Club befindet, noch ob es sich tatsächlich um ein Striplokal handelt. Vermutet wird, dass das Bild aus dem mittlerweile offenbar gelöschten Facebook-Profil Kobalias stammt. Derzeit kursiert es auf einer Fansite und einer Gruppensite auf Facebook, die jeweils Kobalia gewidmet sind. Angesicht der eher ironischen Texte und weiterer freizügiger Bilder von Kobalia und ihrer Schwester darauf bleibt aber unklar, wie freundlich gesonnen diese der jungen Ministerin gegenüber sind.

government.gov.ge
Kobalia bei ihrer Vorstellung als Ministerin
„Altes College-Foto“
Kobalia selbst sagte laut britischem „Independent“, das Bild sei vor fast zehn Jahren bei einem Urlaub in Florida aufgenommen worden. Sie sieht jedenfalls kein Problem, „wenn ein altes College-Foto das Schlimmste ist, das die Opposition oder sonst jemand über mich findet“.
Bereits in ihrer Antrittsrede hatte sie einen Seitenhieb auf Russland lanciert: „Wenn wir Touristen im eigenen Land sein wollen, können wir einfach nichts machen und die Besetzer unser Land regieren lassen, aber ich bin sicher, das wollen wir nicht.“
Anschließend versprach sie, kleine Wirtschaftstreibende zu unterstützen. Das Ziel sei, Touristen und Investoren ins Land zu holen und Privatisierungen voranzutreiben. Auch die Landwirtschaft müsse gestärkt werden. Jeder einzelne Georgier solle davon profitieren. Sie versprach, dass sie und ihr Team „sogar am Wochenende“ arbeiten werden.
Junge Garde als Masterplan
Saakaschwili, selbst erst 36, als er nach der Rosenrevolution 2003 Präsident wurde, hat bereits mehrmals Minister in ihren 20ern und 30ern berufen. Die junge Generation in die Führungsspitze zu holen, ist Teil seines Projekts, ein neues Land aufzubauen und das sowjetische Erbe vergessen zu machen. „In der Regierung soll niemand sein, der bereits in Sowjetzeiten ein Amt innehatte“, sagte Saakaschwili vergangenes Jahr: „Einige von ihnen erinnern sich nicht einmal mehr an diese Zeit.“
Dazu gehört offenbar die 1982 geborene Kobalia. Sie studierte in Kanada, arbeitete danach für einen Fernsehsender und einige weitere Unternehmen, ehe sie heuer nach Georgien zurückkehrte und sich bei einer NGO für Binnenflüchtlinge betätigte.
Unerfahren und unqualifiziert?
Scharfe Kritik an ihrer Ernennung kam vom Ex-Chef der georgischen Notenbank, Nodar Dschawachischwili: Man müsse ganz schön ehrgeizig sein, die Führung der wichtigsten Wirtschaftsinstitution im Land ohne nötige Ausbildung und irgendeine Erfahrung zu übernehmen, sagte er. „Ich glaube, jeder könnte in seiner Familie jemanden finden, der für den Job erfahrener und qualifizierter ist als Frau Kobalia.“
In den wenigen Tagen ihrer Amtszeit hat sie sich allerdings schon den Ruf erarbeitet, hart durchzugreifen. Als sie beim Besuch des Touristeninformationszentrums in Tiflis kaum Beschäftigte antraf, weil die meisten zu einem Jazz-Festival am Schwarzen Meer gereist waren, feuerte sie die gesamte Belegschaft.
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