„Unglück musste eines Tages geschehen“
Kaum ein Flugzeugunglück hat die Welt so erschüttert wie der Absturz der Concorde nahe dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle am 25. Juli vor zehn Jahren. Während die Katastrophe des Air-France-Fluges 4590 das Ende der rund 30-jährigen Concorde-Ära einläutete, ist die zentrale Frage nach dem Hauptschuldigen bis heute nicht geklärt.
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113 Menschen, unter ihnen 97 Deutsche, starben in dem Flammeninferno, als das legendäre Überschallflugzeug kurz nach dem Start im Vorort Gonesse in ein Hotel stürzte. Die französische Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Flugzeug beim Start über eine Titan-Lamelle rollte, die von einer Continental-Maschine abgefallen war. Dabei platzte ein Reifen der Concorde, Gummiteile durchschlugen einen Tank des Flugzeugs, und der ausströmende Treibstoff fing Feuer, was schließlich zum Absturz führte.

AP/Joachim Bertrand/Ministry of Interior/Civil Security
Die Concorde-Absturzstelle in Gonesse
Urteil im Dezember erwartet
Erst im Mai dieses Jahres endete ein viermonatiger Verhandlungsprozess gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen, das Urteil soll nun am 6. Dezember verkündet werden. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, trägt unter anderem die US-Fluggesellschaft Continental Airlines zumindest eine Mitschuld. Die Verteidigung von Continental hingegen behauptet, dass die Concorde bereits brannte, bevor sie das fahrlässig an der Continental-Maschine befestigte Metallstück überrollte.
Die Anklage forderte für Continental eine Geldstrafe von 175.000 Euro und für zwei Mechaniker 18 Monate Haft auf Bewährung. Für den damaligen Chef des Concorde-Programms, den heute 80 Jahre alten Henri Perrier, wurden zwei Jahre Haft auf Bewährung beantragt.
Auf der Anklagebank saßen zudem zwei ehemalige Verantwortliche des Concorde-Programms und ein früherer Mitarbeiter der französischen Flugaufsichtsbehörde DGAC: Sie sollen aus ähnlichen Vorfällen mit platzenden Reifen nicht die nötigen Konsequenzen gezogen haben. Erst nach dem Absturz ordneten die Luftfahrtbehörden eine technische Umrüstung des Flugzeugs an.
137 Millionen für Angehörige
Als Nebenkläger traten in dem Prozess Angehörige französischer Opfer auf, die bisher keine Abfindung erhielten. Für die meisten Hinterbliebenen wird der Prozessausgang unterdessen keine direkte Bedeutung haben. Etwa 700 Angehörige der Opfer einigten sich bereits kurz nach der Katastrophe mit Air France und ihrer Versicherung auf Entschädigungen - Schätzungen zufolge sollen 173 Millionen Euro geflossen sein.
„20 Jahre Gefahr für Öffentlichkeit“
Obwohl der Absturz laut dem 2004 verfassten Abschlussbericht auf eine „von außen kommende Ursache“ zurückzuführen ist, verdichteten sich im Laufe der Ermittlungen Hinweise auf gravierende Konstruktionsfehler bei der Concorde selbst. So habe es einen „wichtigen Mangel“ gegeben, der in der Schwäche der Verkleidung der Treibstoffreservoirs in den Flügeln bestanden habe, heißt es im Abschlussbericht, wobei die Schwachstelle im Grunde seit 1979 bekannt gewesen sei.
Ein Jahr darauf übten Experten scharfe Kritik an den zuständigen Behörden. Diesen wurde in einem weiteren Bericht vorgeworfen, die Sicherheit des Überschallflugzeugs nicht ausreichend überprüft zu haben. Laut dem Anwalt der Familie des Concorde-Flugkapitäns Christian Marty, Roland Rappaport, geht aus dem Bericht hervor, dass die Concorde zwanzig Jahre lang „eine Gefahr für die Öffentlichkeit gewesen“ sei: „Das Unglück musste eines Tages geschehen.“
Gedenkfeier in Gonesse
In einer stillen Zeremonie wurde am Sonntag in Gonesse der 113 Menschen gedacht, die bei dem Unglück am 25. Juli 2000 ums Leben gekommen waren. Bürgermeister Jean-Pierre Blazy erinnerte an den Absturz der Air-France-Maschine am 25. Juli 2000 um 16.44 Uhr: „Dieser Tag, dieser Moment, wird für immer in unser Gedächtnis eingegraben sein, weil ein solches Ereignis unsere Vorstellung überschreitet.“ In Erinnerung an die Opfer wurden Kränze niedergelegt. Die Feier fand neben einer 2006 errichteten Glasskulptur statt, die an das Unglück erinnert.
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