Szene aus "Richard III."

Arno Declair

Kulturgroßaufgebot von Aix bis Savonlinna

Wer im Sommer der Hitze und der Saisonpause in den heimischen Opernhäusern entfliehen will, für den halten die großen Festivaltanker wenn schon zumeist keine Abkühlung, so doch einige Preziosen und Großproduktionen bereit. Von der unerfüllbaren Liebe in Bayreuth über Tobias Moretti auf der Opernbühne in Aix en Provence bis zur Wiener Volksoper in Finnland erstreckt sich die Bandbreite.

Mit zahlreichen hochkarätigen Opernproduktionen wartet heuer wieder das Festival von Aix en Provence auf, womit man von 2. bis 21. Juli die Creme de la Creme der Szene in Frankreichs Süden lockt. Gleich zum Auftakt war am 2. Juli Händels „Alcina“ in der Regie von Katie Mitchell angesetzt, wobei die Koproduktion mit dem Bolschoi Theater Stars wie Patricia Petibon, Philippe Jaroussky und Anna Prohaska nach Aix bringt.

Ebenfalls auf dem Programm: Martin Kusejs Inszenierung von „Entführung aus dem Serail“ mit Tobias Moretti in der Sprechrolle des Bassa Selim als Koproduktion mit Bremen und Bologna und Benjamin Brittens „Midsummer Night’s Dream“ in der Regie von Robert Carsen. Prall ist auch das Konzertprogramm, in dem unter anderen erneut Simon Rattle mit dem London Symphony Orchestra (9. Juli) und Teodor Currentzis mit seiner Musicaeterna (16. Juli) zu hören sind.

Szene aus "Entführung aus dem Serail"

Pascal Victor/ArtComArt

Tobias Moretti ist in Aix en Provence als Bassa Selim zu sehen

Opernklassiker in der Arena von Verona

In Verona startete das Festival in der Arena schon Mitte Juni mit Giuseppe Verdis „Nabucco“, der in schneller Folge seine „Aida“ (seit 20. Juni), Puccinis „Tosca“ (seit 26. Juni) und Mozarts „Don Giovanni“ (seit 4. Juli) nacheilten. Rossinis „Il Barbiere di Siviglia“ (ab 1. August) und Gounods „Romeo et Juliette“ (ab 8. August) runden das Opernprogramm des Festivals ab. Für Tanzfreunde gibt es überdies am 22. Juli einen Abend mit Roberto Bolle und zwei Tage später ein „Carmen“-Galakonzert.

„Tristan und Isolde“ neu in Bayreuth

Weiter im Norden, bei den Bayreuther Festspielen, steht heuer die tragische Liebe im Fokus, ist „Tristan und Isolde“ doch die Premiereninszenierung des heurigen Jahres, die am 25. Juli erstmals gezeigt wird. Unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann inszeniert Hügelchefin Katharina Wagner persönlich, wobei Stephen Gould und Anja Kampe die Titelpartien singen.

Ansonsten sind Frank Castorfs „Ring des Nibelungen“ unter musikalischer Leitung des neuen Publikumslieblings Kirill Petrenko, Hans Neuenfels legendärer Mäuse-„Lohengrin“ mit Klaus Florian Vogt und Annette Dasch und Jan Philipp Glogers „Fliegender Holländer“ abermals zu sehen.

Festspielhaus in Bayreuth

APA/dpa

In Bayreuth wird Frank Castorfs umstrittener „Ring“ (2013) gezeigt

E-Musik zum Lachen in Luzern

Zum Lachen zumute ist heuer hingegen dem Luzern Festival am Vierwaldstättersee von 14. August bis 13. September, lautet das offizielle Motto doch „Humor“. Man will zeigen, wie viel U- in der E-Musik steckt, weshalb man stark auf Joseph Haydn setzt, dessen Musik unter anderem von den Wiener Philharmonikern unter Semyon Bychkov (12. September gemeinsam mit Elisabeth Kulman), den Berliner Philharmonikern unter Simon Rattle (2. September) oder dem Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons (20. und 30. August) gespielt wird.

Ansonsten gibt es mit einem Fokus auf Schostakowitsch, Prokofjew und Strawinski einen kleinen Russland-Schwerpunkt, während mit dem Royal Concertgebouw Orchestra, der San Francisco Symphony oder der Sächsischen Staatskapelle Dresden weitere Spitzenorchester verpflichtet wurden. Klaus Maria Brandauer und Trevor Pinnock nehmen sich mit Mendelssohns Bühnenmusik zum „Sommernachtstraum“ (21. August) Theatermusik vor, während im Opernbereich die Bamberger Symphoniker unter Jonathan Nott am 26. August Verdis letzte Oper „Falstaff“ in konzertanter Fassung präsentieren. Szenisch wird Brittens „Albert Herring“ ab dem 5. September umgesetzt.

Münchner Opernfestspiele in vollem Gange

Bei den traditionsreichen Opernfestspielen in München stehen heuer zwei Premieren auf dem Programm: Am 28. Juni wurde Claude Debussys „Pelleas et Melisande“ im Prinzregententheater in der Regie von Christiane Pohle gezeigt, während am 6. Juli Richard Strauss’ „Arabella“ im Nationaltheater in der Inszenierung von Filmregisseur Andreas Dresen zu sehen war. Hier stand der Chefdirigent der Wiener Symphoniker, Philippe Jordan, am Pult, der am 18. Juli auch eine der beiden Open-Air-Veranstaltungen „Oper für alle“ mit russischem Programm leitet.

Ansonsten sind zahlreiche Repertoirevorstellungen und Liederabende angesetzt. Und schließlich gibt es noch das Zusatzprogramm, das heuer unter dem Titel „Festspielwerkstatt“ steht. Dabei widmet man sich in fünf Projekten an ungewohnten Spielorten dem Geschlechterspiel, darunter „Jephta’s Daughter“ (seit 7. Juli) oder die Lars-von-Trier-Adaption „Selma Jezkova“ von Poul Ruders (seit 26. Juni).

Johan Simons erste Saison bei der Ruhrtriennale

Die erste Ruhrtriennale unter Johan Simons eröffnet gleich am 14. August mit einer Inszenierung des neuen Intendanten, der für „Accattone“ nach Pasolini Bach-Musik von Philippe Herreweghe und dem Collegium Vocale Gent singen lässt. Bach-Konzerte der Belgier sind auch am 16. und 21. August angesetzt. Am 20. August folgt Monteverdis „Orfeo“ des Solistenensembles Kaleidoskop in der Regie von Susanne Kennedy, Suzan Boogaerdt und Bianca van der Schoot, während am 8. September Luigi Nonos letzte Oper „Prometeo“ unter der musikalischen Leitung von Ingo Metzmacher gespielt wird.

Johan Simons

APA/EPA/Caroline Seidel

Johan Simons geht in seine erste Saison als Intendant der Ruhrtriennale

Am 12. September meldet sich dann Simons als Regisseur erneut zu Wort, wenn in der Bochumer Jahrhunderthalle Wagners „Rheingold“ im Dirigat des Jungen Wilden Teodor Currentzis gegeben wird. Currentzis ist neben einem Brahms-Konzert mit seiner Musicaeterna am 19. September auch einer jener drei Dirigenten, die am 16. August am Pult des Klangforum Wien stehen werden, um den im Vorjahr verstorbenen Gerard Mortier mit einem Konzert zu ehren.

Am 27. August wird mit Rene Jacobs ebenfalls ein Belgier Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ erklingen lassen, eine Terry-Riley-Nacht am 29. August feiert den 80. Geburtstag des amerikanischen Minimalisten, und Mozarts Requiem bringt am 4. und 5. September melancholische Klänge in die Zeche Zweckel. Und auch im Tanzbereich ist mit Anne Teresa de Keersmaeker eine Belgierin prominent vertreten. Sie zeigt Ende September ihre Rilke-Choreografie „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“, während Meg Stuart mit „Until our hearts stop“ Menschen im Rückzug zeigt.

Volksoper gastiert in Finnland

Im finnischen Savonlinna startet man heuer wienerisch. Die Volksoper, angekündigt als „das berühmteste Operettenhaus der Welt“, zeigte zum Auftakt des Festivals am 3. Juli ihre „Lustige Witwe“ von Franz Lehar. Und mit der Dresdner Semperoper ist auch ein zweites mitteleuropäisches Opernhaus zu Gast und präsentiert ab dem 13. Juli seine „Figaros Hochzeit“ mit der Sächsischen Staatskapelle als musikalischer Begleitung.

Szene aus "Die Lustige Witwe"

Dimo Dimov / Volksoper Wien

Die Volksoper zeigt in Savonlinna die „Lustige Witwe“

Darüber hinaus gibt es auch Eigenproduktionen, so einen „Boris Godunov“ mit dem heimischen Starbass Matti Salminen in der Titelpartie. Puccinis „Tosca“ sowie Verdis „La Traviata“ werden wieder ins Programm aufgenommen. Zum Abschluss wird heuer ein Jubiläumskonzert im Schloss von Olavinlinna mit einem Schwerpunkt auf den Lokalmatador Jean Sibelius am 2. August gegeben.

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