Preisverleihung im Orpheum

ORF.at/Dalibor Manjic

Diagonale-Preise an Beckermann und Steiner

Zum Ende der ersten, gelungenen Diagonale in Graz unter dem neuen Führungsduo Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber wurde Ruth Beckermann für „Die Geträumten“ in der Kategorie Bester Spielfilm geehrt. Sigmund Steiner erhielt für „Holz, Erde Fleisch“ den Preis in der Kategorie Bester Dokumentarfilm. Bester Schauspieler ist Erwin Steinhauer, beste Schauspielerin Ursula Strauss.

Schernhuber und Höglinger sprachen von einem Signal der Wertschätzung für den Österreichischen Film. Durch die Preisverleihung werde die Vielfalt der Inhalte und Formen sichtbar. Schernhuber meinte, das Ziel sei gewesen, das Kino „zum Leuchten“ zu bringen und verlieh seiner Freude Ausdruck, dass so viele Menschen zu den einzelnen Vorstellungen gekommen seien. Tatsächlich konnte man sich vor Filmbeginn in den Foyers kaum rühren und Restkarten waren buchstäblich heiß umkämpft. Viele der Laudatoren des Abends gratulierten Schernhuber und Höglinger zum „frischen Wind“, den sie in die Diagonale gebracht hätten.

Preisverleihung im Orpheum

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Schernhuber, Moderatorin Nina „Fiva“ Sonnenberg und Höglinger (von links)

Preis für Familien- und „Feel-Good-Film“

Der Dokumentarfilmpreis der Diagonale ging verdient an Sigmund Steiner, den Regisseur von „Holz, Erde, Fleisch“. Er zeigte sich gerührt und erfreut und bedankte sich bei seinen drei Familien, die im Film gezeigt werden und die ihn und sein Team in ihr Leben gelassen haben. In der Jurybegründung hieß es, dass mit „Holz, Erde, Fleisch“ ein mutiger Film prämiert worden sei. Die Jury sprach außerdem – nicht unbedingt naheliegend, aber auch nicht falsch – von einem „Feel-Good-Movie“. Der Mut des Filmes liege in seiner Schlichtheit begründet, es sei ein Film voller Zärtlichkeit.

Preisverleihung im Orpheum

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Sigmund Steiner wurde für „Holz, Erde, Fleisch“ ausgezeichnet

Steiners Film ist eine eingehende Studie des bäuerlichen Lebens mit einem ganz speziellen Blick. Steiner hatte sich mit seinem Vater überworfen, der Bauer ist und dem laut Steiner der Familienbesitz wichtiger war als die Familie. Der eigenen Geschichte nähert sich der Regisseur in seinem Langfilmdebüt über Umwege an. Er porträtierte drei verschiedene Bauern und deren Söhne, sprach mit ihnen über ihre Beziehung zum Land – zu Holz, Erde, Fleisch und über eine mögliche oder eben nicht mögliche Hofübergabe an die nächste Generation. Damit ist ihm ein einzigartiges, intimes Bild einer ansonsten oft ignorierten Bevölkerungsschicht gelungen.

Ein großer Film über großes Liebesunglück

Als bester Spielfilm wurde Ruth Beckermanns (siehe Foto über dem Artikel) „Die Geträumten“ ausgezeichnet. In der Jurybegründung hieß es, „die Geträumten werden dem Dialogischen des mehr als zwanzig Jahre umfassenden Briefwelchsel gerecht.“ Der Film lasse dem Textmaterial Raum, um nachzuklingen. Ruth Beckermann bedankte sich bei den zahlreichen Mitarbeitern, Freunden und bei den Schauspielern Anja Plaschg und Laurence Rupp.

Beckermann hat sich in ihrem Film dem Briefwechsel zwischen dem selten unbeschwerten, oft unglücklichen On-Off-Liebespaar Paul Celan und Ingeborg Bachmann gewidmet. Sie ließ die Briefe der beiden von Plaschg und Rupp vorlesen – und beobachtete die Schauspieler in den Rauchpausen mit der Kamera, wenn sie über die Beziehung Celan-Bachmann sprachen und sich einander annäherten. Sowohl schauspielerisch, als auch dramaturgisch eine Herausforderung – aber das Risiko hat sich ausgezahlt. Das Unglück und die tiefe Liebe von Celan und Bachmann werden greifbar.

Filmstill aus "Thank You for Bombing"

Diagonale

Erwin Steinhauer in „Thank You for Bombing“

Steinhauers „kindlich-naive Riesenfreude“

Der Schauspielerpreis der Diagonale geht an Erwin Steinhauer für seine Darstellung eines Kriegsberichterstatters in „Thank You for Bombing“. In einer Videobotschaft verlieh er seiner „kindlich-naiven Riesenfreude“ Ausdruck und widmete dem Preis auch Regisseurin Barbara Eder. Die Jury honorierte Steinhauers „zurückgenommene und in jedem Moment authentische“ Darstellung eines traumatisierten Mannes. Steinhauer verabschiedete sich auf gut wienerisch mit einem „Lasst’s es krachen“.

Ursula Strauss

Diagonale

Strauss wurde für ihre Rolle in „Maikäfer flieg“ ausgezeichnet

Ursula Strauss und die Leichtigkeit des Spiels

Als beste Schauspielerin wurde Ursula Strauss für ihre Rolle als energische und engagierte Mutter in „Maikäfer flieg“ ausgezeichnet. In der Jurybegründung hieß es, aufgrund ihrer Leichtigkeit des Spiels lasse sie die historische Komponente der Christine-Nöstlinger-Verfilmung vergessen. Strauss widmete den Preis in ihrer emotionalen Dankesrede ihrem verstorbenen Vater und schickte einen Kuss gen Himmel. Ihr Vater sei für ihre Interpretation der Mutter in „Maikäfer flieg“ Inspiration gewesen.

Wie angekündigt: ein lustvoller Zugang

Was lässt sich als Resümee der ersten Diagonale unter dem Führungsduo Schernhuber-Höglinger sagen? Das Niveau der Filme war heuer außerordentlich hoch, aber dafür können die beiden nur bedingt etwas - über die beschränkten Möglichkeiten einer Auswahl in einem kleinen Land wie Österreich. Der Gesamteindruck des Festivals, von den Reden über den neuen graphischen Auftritt bis hin zu den Spezialprogrammen und den Partys entsprach dem, was die beiden sich am Anfang erhofft hatten: Geboten wurde ein lustvoller Zugang zum Österreichischen Film. Das ist ein großer Verdienst.

Simon Hadler, ORF.at

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