„Holz Erde Fleisch“: Bauern und ihre Söhne
Das Schlachten eines Lamms. Das Fällen eines Baumes. Das Wachsen der Erdäpfel im endlosen Acker. Sigmund Steiner rückte in seinem Langfilmdebüt elementare Prozesse vom Werden und Vergehen in den Fokus, um zu erzählen, was es für den Schafzüchter, den Waldbesitzer und den Gemüsebauern wirklich bedeutet, was er da tut.
La Banda Film
Die Nähe zur Scholle, der Geruch des Baumharzes, das Blut des frisch getöteten Schafs, das dem Züchter ins Gesicht spritzt, als er dem Tier das Fell abzieht. Steiner nimmt sich Zeit bei der Beobachtung dieser Tätigkeiten. Und es wird klar, wie verwachsen die drei porträtierten Männer mit ihrer Umgebung sind. Es ist sichtbar, ohne dass sie es mit vielen Worten kommentieren, denn reden tun sie alle nicht viel und nicht gern.
Den Vater zeigen, ohne dass man ihn sieht
„Holz Erde Fleisch“ ist viel mehr als ein Ausschnitt behutsam dokumentierter Arbeitswelt. Steiner habe mit diesem Film auch etwas über seinen Vater erzählen, etwas über ihn zeigen wollen, ohne dass dieser ins Bild kommt. Der Sohn wollte wissen, warum der Vater nur einmal in seiner Gegenwart weinte – und zwar als es darum ging, dass er seinen Besitz verlieren würde.
Filmhinweis
„Holz Erde Fleisch“ ist bei der Diagonale am 11. März um 11.00 Uhr im Schubertkino zu sehen. Offizieller Filmstart in Österreich ist April.
Ist Besitz wichtiger als die eigene Familie? Es wäre schlimm, wenn sich Steiner diese Frage mit Ja beantworten hätte müssen. Der dramaturgische Umweg, den der Regisseur nahm, ist eine schöne Idee.
Denn es zeigt sich, dass diese wortkargen Männer ihren Besitz gar nicht mit Besitzerstolz, verbunden mit materiellem Interesse, vorzeigen - sie empfinden sich als Teil einer oft jahrhundertelangen Generationenkette. Der gepflanzte Baum wird erst gewachsen sein, wenn die Tochter den Besitz übernommen hat. Und schon der Großvater schaute auf den Baumriesen, den der Enkel jetzt lieber doch nicht umschneidet.
„Danke dir“, sagt der Schlächter zum Schaf
Gleich im ersten Bild in „Holz Erde Fleisch“ ist ein Schafzüchter zu sehen. Ein Schaf zwischen den Beinen fixiert, bevor er das Bolzenschussgerät ansetzt, sagt er: „Danke dir.“ Mit diesen Worten ist der Ton des anrührenden und sehr persönlichen Essays vorgegeben: Es ist die intime Bindung des Menschen an seinen Ort, an die erfüllende Aufgabe.
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Auch das Cinemascope-Format, durch das ein Baum bildfüllend fallen oder eine Schafherde anmutig über die Leinwand hoppeln kann, erweist sich noch in einer anderen Sequenz als sinnvoll - um den Abstand zwischen dem Gemüsebauern und dem Sohn, der den Hof nicht übernehmen will, deutlich zu machen.
Sehr skurril stehen sie da vor dem endlosen Acker. Links ist der Vater, der in dem Dilemma steckt, dass jemand seinen Hof übernehmen muss und er aber den Sohn nicht dazu zwingen kann. Rechts im Bild steht der Sohn, grinsend über die sparsame und holprige Emotionalität des Vaters, mitfühlend und doch mit den Gedanken schon woanders.
In der Landschaft blühen die Männer auf
„Holz Erde Fleisch“ - das sind auch wohlkadrierte Tableaus österreichischer Kulturlandschaften, die erahnen lassen, weshalb die drei Männer „in der Landschaft aufgehen“, geradezu aufblühen. Auch den Schafzüchter bringt Steiner schließlich noch dazu, über sich zu sprechen, seinen Vater und die Strenge, mit der er von ihm behandelt wurde. Doch der, erzählt der Sohn mit feuchtem Auge, habe auch anders gekonnt. Dass in diesem sehr intimen Moment gerade ein Motorrad in der Ferne durch die Tonspur heult, ist eine Störung, die dem Film nicht angelastet werden soll. Solche Augenblicke, in denen ein Mensch sich öffnet, lassen sich nicht einfach noch einmal drehen.
Alexander Musik, ORF.at
Links:
- Diagonale
- Holz Erde Fleisch (offizielle Website mit Trailer)
- Sigmund Steiner