Wenn das Wetter die Regie übernimmt
Hält das Wetter oder hält es nicht? Bei jeder Aufführung auf der Seebühne ist das die Frage Nummer eins bei den Veranstaltern, Künstlern und auch beim Publikum. Heuer ging die Wiederaufnahme von Giacomo Puccinis „Turandot“ bei gutem Wetter über die Bühne. Doch der Wettergott hat den Bregenzer Festspielen schon des Öfteren einen Strich durch die Rechnung gemacht. Davon kann auch Gerd Alfons, der 31 Jahre lang Technischer Direktor der Bregenzer Festspiele war, ein Liedchen singen.
Große Herausforderung für die Technik
„Für die Technik ist und bleibt die Seebühne eine Herausforderung“, sagt Alfons. Im Vordergrund stehe immer die Sicherheit der Darsteller und aller mitwirkenden Personen. Ein wesentlicher Faktor, der bei der Bühnenkonstruktion berücksichtigt werden müsse, sei der Wind am See.
Gefangenenchor im Regen
Bei den Bregenzer Festspielen im Jahr 1993 zog während der Vorstellung von Giuseppe Verdis „Nabucco“ ein großes Unwetter über Bregenz auf. Die Sänger ließen sich dadurch aber nicht beirren und sangen im strömenden Regen weiter.
Diese Kräfte müssten bei der Dimensionierung der Bühne berücksichtigt werden, sagt Alfons. Kaum zu bändigen gewesen sei der 22 Meter hohe Kartenständer mit einer 750 Quadratmeter großen Angriffsfläche bei der Inszenierung von Puccinis „La Boheme“ in den Jahren 2001/02.
Kopftuch nicht beherrschbar
Bei Umberto Giordanos „André Chénier“ 2011/12 musste das über 700 Quadratmeter große Kopftuch der Bühnenskulptur einige Male kurz vor der Vorstellung abgezogen werden, je nach Wetterprognose. Der Grund: Das Tuch war bei Wind nicht beherrschbar.

Privat
Kopftuch vom Winde verweht
Kleinzack-Ballett im Wasser
In Erinnerung geblieben ist Alfons auch das Jahr 1987. Damals stieg der Bodensee so hoch, dass auch das Bühnenbild bei „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach unter Wasser stand. Das Kleinzack-Ballett musste 20 bis 30 Zentimeter im Wasser tanzen. Auch an das Jahrhunderthochwasser 1999 kann sich Alfons noch gut erinnern. Aus Sicherheitsgründen musste wenige Wochen vor der Premiere der Orchestergraben geflutet werden. Innerhalb von zwei Wochen konnte er wieder trockengelegt werden, sodass die Musiker dort spielen konnten.
Sturm zerstörte 1965 die gesamte Seebühne
Auch die 20. Bregenzer Festspiele standen wettertechnisch unter keinem guten Stern. Die Premiere der Johann-Strauss-Operette „Eine Nacht in Venedig“ wäre im Jahr 1965 fast ins Wasser gefallen. In der Nacht zum 17. Juni zerstörte ein Sturm die gesamte Seebühne. Sie musste innerhalb weniger Tage wieder aufgebaut werden. Der Schaden damals: 1,2 Millionen Schilling. Dazu kam ein Hochwasser, wie es nur alle paar Jahrzehnte vorkommt. Die Seebühne musste um eineinhalb Meter aufgestockt werden.

Stadtarchiv Bregenz
Bühne wurde 1965 komplett zerstört
Wasser statt Wüstensand bei „Aida“-Inszenierung
Gewollte Wassermassen auf der Bühne gab es 2009 bei der Inszenierung von Verdis „Aida“ auf dem See. Wasser statt Wüstensand war der Gag der Aufführung. Den Tänzern auf der Bühne verlangte die Produktion alles ab: Wochenlang probten die 24 Tänzer auf der drehbaren Unterwasserplattform. Auch die Sänger und Sängerinnen mussten baden gehen und knietief im Wasser singen.

Bregenzer Festspiele / Forster
„Aida“-Inszenierung auf der Seebühne 2009
Abgesagte Vorstellung kostet 400.000 Euro
Die Bregenzer Festspiele sind auch heuer wieder gegen Regen, Sturm und Hagel versichert. Ab der dritten Vorstellung des Spiels auf dem See, die wetterbedingt abgesagt werden muss, springt die Versicherung ein - für die ersten beiden Vorstellungen besteht ein Selbstbehalt. Je nach Auslastung und Wochentag kostet eine abgesagte Vorstellung an die 400.000 Euro. Ob gespielt wird, entscheidet die Festspiel-Leitung in letzter Minute, die Entscheidungsgrundlage liefern umliegende Wetterwarten. Vor allem Meldungen aus der Schweiz werden herangezogen, sagt Pressesprecher Axel Renner.
Termine für „Turandot“
- Juli: 26., 29., 30.
- August: 2., 3., 4., 5., 6., 7., 9., 11., 12., 13., 14., 16., 18., 19., 20., 21.
Bei einer Absage oder wenn weniger als eine Stunde gespielt wird, bekommt man das Geld zurück. Ab der 60. bis zur 90. Spielminute gilt: Wer Hauskarten hat, kann sich die szenische Aufführung im Haus anschauen. Karten der Kategorien zwei bis fünf werden nicht zurückerstattet. Wird erst nach 90 Minuten abgebrochen, gibt es keine Hausaufführung. 6.900 Zuschauer fasst die Seebühne, 1.650 passen ins Haus.
Angela Ganthaler, vorarlberg.ORF.at