Wenn Punks auf Aliens treffen
Es gab in letzter Zeit ein paar surrealistische Sci-Fi-Dystopien, die es wert sind, in den Pantheon der irrsten, düstersten und zugleich beglückendsten Filme aller Zeiten aufgenommen zu werden. Dazu gehören Ben Wheatleys „High Rise“ (2015), Giorgos Lanthimos’ „Lobster“ (2015) und Ana Lily Amirpours „The Bad Batch“ (2016). „How to Talk to Girls at Parties“ reiht sich hier nahtlos ein.
Zwei Gruppen lässt Mitchell in den 80er Jahren aufeinanderprallen. Erstens: britische Vorstadt-Teenie-Punks, aber nicht von der autonomen Sorte, sondern Sex-Pistols-Fans, die Mama um Taschengeld anschnorren, um sich dann bei wilden Kellerkonzerten das Bier leisten zu können. Zweitens: eine Sekte Außerirdischer, die in Menschengestalt und grellen Kostümen seltsame Rituale abhalten.

Viennale
Enn führt Zan in den Punk ein
Vom Punk-Virus infiziert
Die Punks gehen vorbei, halten eine dieser ritualisierten Feiern für eine Party, und das Schicksal nimmt seinen Lauf: Punk Enn (Alex Sharp) verliebt sich in Alien Zan (Elle Fanning). Die Außerirdischen sind wie eine Sekte organisiert. Es gibt strenge Hierarchien und ein ebensolches Regelwerk für das Verhalten innerhalb der Gruppe und gegenüber den Bewohnern von Planeten, die man besucht. Aber in Zan erwacht Widerstandsgeist. Und der wird vom verliebten Punkboy Enn ordentlich angestachelt.
„Was ist Punk?“, fragt sie ihn, und weil er nicht mehr als eine gestammelte Antwort zusammenbringt, von wegen „Freiheit“ und „Energie“, muss er ihr eben zeigen, was sich in Worten nicht erklären lässt. Und so führt er sie in die Szene rund um Queen Boedicea ein. Die „Queen“ ist vom Regisseur ganz offensichtlich als Hommage an Vivienne Westwood gedacht. Liebevoll und tatsächlich vor roher Energie sprühend wird die No-Future-Kultur dargestellt, am liebsten würde man gleich selbst mitmachen.

Viennale
In der Mitte: Kidman als Punk-Mama
Filmhinweis
„How to Talk to Girls at Parties“ läuft bei der Viennale noch am Donnerstag, dem 2. November, um 20.30 Uhr im Stadtkino im Künstlerhaus. Einen Termin für einen regulären Filmstart in Österreich gibt es (noch?) nicht.
Ausdruckstanz vs. Stage Diving
Ganz anders die Aliens im artifiziellen Arty-Look und mit ihren Ritualen, wie man sie heute so ähnlich in Tanztheatern sehen könnte. Es ist ein Hin und Her, bis es schließlich zum Endkampf kommt: moderner Ausdruckstanz vs. Stage Diving und Rempeleien im Moshpit. Postmoderne vs. animalische Vormoderne. Das Ganze ist ein riesengroßer Spaß und mit viel Liebe zum Detail und großartigem Gespür für Timing inszeniert.
Zu alledem ist die Geschichte auch noch wirklich spannend - und nicht vernachlässigbar, wie sonst bei Filmen mit ähnlich hohem Klamaukfaktor, ganz zu schweigen von der schönen, anrührenden Liebesgeschichte zwischen Enn und Zan - einer Romeo-und-Julia-haften Liebe, die nicht sein darf. Der Spaß am Set steht manchmal dem Spaß im Kinosaal im Weg, hier war das nicht der Fall. Immer wieder wurde im Gartenbaukino bei der Viennale-Vorstellung laut gelacht. Ein Film, den man sich am liebsten gleich noch einmal anschauen würde.
Simon Hadler, ORF.at