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Durchsuchung „nicht verhältnismäßig“

Die im Februar im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und bei BVT-Mitarbeitern durchgeführten Hausdurchsuchungen waren zum größten Teil unzulässig, ausgenommen nur eine in einer Privatwohnung. Das stellte das Oberlandesgericht Wien (OLG) in Entscheidungen zu sieben Beschwerden gegen die von der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) durchgeführten Razzia fest.

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„Braucht das Gericht Akten von Behörden, hat es um Amtshilfe zu ersuchen“, heißt es in der Entscheidung. Die WKStA selbst teilte Dienstag in einer Aussendung mit, dass „jetzt geprüft werden muss, welche unmittelbaren Auswirkungen (...) damit einhergehen“, also wie mit den Ermittlungsergebnissen umzugehen ist, die auf Basis der Hausdurchsuchungen gewonnen wurden.

Grafik zum BVT-Skandal

Grafik: ORF.at

Das OLG wies in einer Aussendung auf eine OGH-Entscheidung hin, wonach diese Beweismittel nicht vernichtet werden müssen. Ob sie verwertet werden, wäre erst in einer Hauptverhandlung zu entscheiden - und dagegen wäre dann ein Rechtsmittel möglich.

WKStA: Tatverdacht „deutlich manifestiert“

Dass es zu einer Hauptverhandlung kommt, ist durchaus möglich. Denn die WKStA ließ in ihrer Aussendung wissen, dass sich der „ursprünglich angenommene Tatverdacht gegen einzelne Beschuldigte deutlich manifestiert hat“ - und die Ergebnisse nun in weiteren Verfahren ausgewertet und geprüft werden. Das Verfahren läuft gegen acht Beschuldigte wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und unterschiedlicher Korruptionsdelikte. Konkret geht es um das Kopieren und Speichern von eigentlich zu löschenden Daten bzw. unterlassene diesbezügliche Anweisungen sowie die Weitergabe in Österreich hergestellter nordkoreanischer Reisepassrohlinge an Südkorea.

Konkret heißt es in der Entscheidung des OLG Wien, dass die Strafverfolgungsbehörde zwar dafür Sorge zu tragen hat, „dass die Beweismittel“, die sich im BVT befinden, gesichert werden. Es sei „jedoch Sache der Strafverfolgungsbehörde, das Ersuchen so konkret und nachvollziehbar unter Aufzeigen der Gefahren und der notwendigen Rahmenbedingungen zu verfassen, dass die ersuchte Behörde in der Lage ist, dem Ersuchen effizient nachzukommen“.

Es war laut OLG für die WKStA möglich, zuerst um Amtshilfe zu ersuchen, weil es zum „Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Journalrichter auch an aktenmäßigen Anhaltspunkten mangelte, dass im Falle eines Amtshilfeersuchens die ersuchte Behörde ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommen werde oder könne“. Der Eingriff in den „Wirkungsbereich einer mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Behörde durch gerichtlich bewilligte Anordnung der Durchsuchung“ erweise sich deshalb als „nicht verhältnismäßig“.

Innenministerium verweist auf WKStA

Auch die Durchsuchungen in drei Wohnungen von Mitarbeitern des BVT waren laut OLG Wien unzulässig. Nur eine Privatwohnung wurde zu Recht durchsucht, nämlich jene des Referatsleiters, dem vorgeworfen wird, dass er rechtswidrig gespeicherte Daten dort aufbewahrte. In den drei anderen Privatwohnungen seien keine beweisrelevanten Gegenstände zu erwarten gewesen.

Das Innenministerium, in dem das BVT organisatorisch eingegliedert ist, hat in einer Reaktion auf die Entscheidung auf die Zuständigkeit der WKStA verwiesen. Diese habe die Anordnung gegeben, somit habe eine Justizstelle eine Entscheidung einer anderen geprüft. Grundsätzlich gelte selbstverständlich, dass Entscheidungen in einem Rechtsstaat zu respektieren seien, hieß es aus dem Innenressort.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sagte am Rande einer Pressekonferenz: Nachdem sich der OLG-Spruch mit der WKStA auseinandersetze, seien wohl dort Fehler begangen worden, falls die von der WKStA verordneten Hausdurchsuchungen nicht rechtmäßig seien. Er sage aber nichts zu etwas, wo er die Details nicht kenne. Zu Fragen über die Rolle des Innenministeriums in der Causa sagte Kickl weiter, dass man die österreichische Rechtslage zur Kenntnis nehmen müsse, die davon ausgehe, dass eine Razzia nur durch eine Anordnung der Justiz zustande komme.

Kickl: Federführung liegt bei Justiz

Solle dass Innenministerium denn in Zukunft, wenn die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung anordnet, nicht mehr mitmachen, fragte sich Kickl rhetorisch selbst. Ohne Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei könne eine solche natürlich nicht durchgeführt werden. Die Federführung im gesamten Verfahren liege aber bei der Staatsanwaltschaft, selbstverständlich in Absprache mit den zuständigen Journalrichtern, schloss Kickl. ÖVP-Justizminister Josef Moser wird am Nachmittag in einer Pressekonferenz Stellung zur Causa nehmen.

Bereits als unrechtmäßig erkannt und deshalb aufgehoben wurden vom Bundesverwaltungsgericht die von Kickl verfügten drei Suspendierungen rund um die Ermittlungen im BVT - allen voran von Leiter Peter Gridling. Er ist mittlerweile damit beauftragt, das BVT zu reformieren - sehen sich die Verfassungsschützer doch immer wieder mit Berichten darüber konfrontiert, dass ausländische Geheimdienste das Vertrauen verloren hätten und nicht mehr mit ihnen zusammenarbeiten wollen.

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