Karton besser für die Umwelt
Seit die Milchflasche wieder in den Supermärkten zu finden ist, sind die Einkaufstaschen schwerer. Viele Konsumentinnen und Konsumenten nehmen das größere Gewicht aber gern in Kauf, sprechen doch viele Argumente für die Glasflasche. Hygiene, Lebensmittelsicherheit und nicht zuletzt der Gedanke an den Umweltschutz spielen eine Rolle. Doch die Wiedergeburt der Glasflasche dürfte nicht so unproblematisch sein.
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Es gibt in Österreich derzeit wieder eine Handvoll Anbieter, die Milch in der Glasflasche verkaufen. Darunter sind auch die großen Handelsunternehmen wie Spar und REWE, die die Milch im Glas im Rahmen ihres Biosortiments vermarkten. Glas ist ein hochwertiger Packstoff, im Gegensatz zu Kunststoff gelangt kein Material in die Flüssigkeit, die sich darin befindet. Zudem ist es aufwendig produziert - und da liegt auch der Haken, so die Expertinnen und Experten der Umweltberatung.
Ökobilanz „eindeutig“
Denn gerade deshalb sei es schade, dass die Handelsunternehmen die Milch derzeit nur in Einweggebinden anbieten, lautet die Kritik. Die Flaschen würden energieintensiv erzeugt, einmal benutzt und danach weggeschmissen. In Österreich, wo die Recyclingquote hoch ist, landen viele Flaschen im Altglascontainer. Pro Kopf werden im Jahr laut Austria Glas Recycling 26 Kilogramm Altglas gesammelt. Das ist aber trotz der Wiederverwertung nicht die beste Lösung, denn wenn die Scherben eingeschmolzen werden und erneut Flaschen entstehen, wird noch einmal viel Energie verbraucht. Weit besser wäre es, so die Umweltberatung gegenüber ORF.at, eine Mehrwegflasche zu verwenden.

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In Österreich gibt es nur wenige Abfülloptionen für Mehrwegflaschen
In allen veröffentlichten Ökobilanzen, in denen Einweg- mit Mehrwegflaschen verglichen wurden, sei das Ergebnis eindeutig gewesen: Mehrweg sei in Summe klar umweltfreundlicher als Einweg. „Natürlich verursacht der Waschvorgang bei Mehrwegflaschen einen Aufwand an Energie, Wasser und Reinigungsmitteln. Aber dieser ist in jeder Ökobilanz bereits berücksichtigt. Im Übrigen muss auch Einwegglas vor dem Einschmelzen gereinigt, sortiert und zermahlen werden“, heißt es bei der Umweltberatung. Sie fordert angesichts des erst im April verabschiedeten EU-Kreislaufwirtschaftspakets, das strengere Zielsetzungen für die Abfallwirtschaft festlegt, mehr Engagement zur Förderung von Mehrwegsystemen.
Die Rückkehr der Milchflasche
Seit kurzem gibt es Milch wieder in der Glasflasche. Man könnte meinen, dass es sich dabei um eine gute Sache für die Umwelt handelt. Doch ganz so klar ist die Sache nicht.
Lange Wege für beide Systeme
Auch die hohe Recyclingquote sei in die Ökobilanz für Einwegglas schon einkalkuliert, ebenso die Transportwege, so die Umweltberatung: Eine Mehrwegglasflasche legt den Weg vom Glaswerk über den Abfüller bis zum Supermarkt zurück und nach dem Konsum wieder retour. Eine Einwegflasche legt nicht weniger an Reisestrecke zurück: Hat sie einmal die Altglassammelstelle erreicht, kommt sie zur Umladestation und wieder zum Glaswerk. Dort muss sei neu eingeschmolzen werden, und der Weg beginnt erneut.
Die Glasflaschen werden alle von einer Firma, der Schweizer Vetropack, hergestellt. Sie hat zwei Standorte in Österreich, in Pöchlarn und Kremsmünster. Abgefüllt werden dann alle Produkte im Tiroler Wörgl von Tirol Milch - allein das sind schon lange Wege.
Nur ein Abfüller in Österreich
Auch den Handelsunternehmen ist bewusst, dass die Einwegflasche nicht die beste Lösung im Sinne der Umwelt ist. „Wir stehen dem Mehrwegsystemen generell sehr positiv gegenüber“, so Martina Hörmer, Geschäftsführerin der zum REWE-Konzern gehörenden Marke Ja! Natürlich in einer schriftlichen Stellungnahme. Allein, die Umsetzung sei derzeit nicht möglich. „Diese scheitert in erster Linie daran, dass es aktuell in Österreich keinen Abfüllbetrieb gibt, der ein Mehrwegsystem in unseren Mengen zu unseren Bio-Qualitätsstandards abwickeln könnte.“
Im Abfüllbetrieb Wörgl gebe es nur das Einwegsystem. Bei den aktuellen Absatzzahlen sei dieses aber auch - „gemäß unseren Recherchen“ - ökologischer als ein Mehrwegsystem. Sollte sich die Lage ändern, sei man schnell mit einem Rücknahmesystem startklar.
Nachfrage ist hoch
Nicole Berkmann von Spar sagt ebenfalls, eine Mehrwegoption scheitere schlicht an den Möglichkeiten. „Es gibt derzeit niemanden in Österreich, der die Milch in dieser Größenordnung im Mehrwegsystem abfüllen kann. Es gibt Milchbauernhöfe, die das tun, aber wir reden hier von Millionen Litern Milch.“ Doch die Kunden wünschten sich einfach Milch in der Glasflasche. Das sei auch der Grund für die Rückkehr ins Supermarktregal. „Man sagt, die Milch aus der Glasflasche schmeckt ‚reiner‘.“
Auch bei Ja! Natürlich sei man den Kundenwünschen nach einer Glasflasche nachgekommen. Die Kundschaft habe „eine große Sehnsucht nach diesem Lebensmittel in einer Form ‚wie es früher einmal war‘“, so Hörmer. Die Nachfrage liege auch weit über den Erwartungen.
Karton ist besser
Die Umweltberatung sieht auch kleine Vorteile beim Glas: Gelange eine Glasverpackung einmal statt ins Recycling in die Umwelt, so sei das weniger problematisch als bei einer Kunststoffpackung. Doch wenn Glas, dann Mehrweg, lautet die Forderung. Eine Kaufempfehlung gab es unterm Strich für die neuen Glasflaschen daher nicht.
Im Vergleich zur Einwegflasche sei im Hinblick auf die Umweltfreundlichkeit sogar der übliche Getränkekarton besser, sagte die Sprecherin der Umweltberatung, Sabine Seidl. Einwegflasche und Dose stünden ganz unten auf der Liste der nachhaltigen Getränkeverpackungen - selbst wenn sie recycelt werden.
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