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„Ein Land, das in die Zukunft blickt“

Seit Jahrzehnten reißen die Debatten rund um das Grab von Diktator Francisco Franco in Spanien nicht ab. Das Monument im Valle de los Caidos (dt.: „Tal der Gefallenen“) wird jährlich von rund 400.000 Menschen besucht, darunter zahlreiche Anhänger des Franco-Regimes und Rechtsextreme. Damit soll nun Schluss sein.

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Das spanische Kabinett hat am Freitag ein Dekret beschlossen, mit dem die Umbettung der Gebeine des Diktators erleichtert werden soll. Allerdings muss das Parlament erst zustimmen. Dort können die regierenden Sozialisten jedoch mit der Unterstützung der Linkspartei Podemos, der baskischen Nationalisten und der Vertreter der katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter rechnen und damit die Mehrheit bilden. Das soll voraussichtlich im September geschehen.

Das Mausoleum des faschistischen Diktators Francisco Franco

AP/Javier Soriano

Ein 150 Meter hohes steinernes Kreuz thront über der Anlage im „Tal der Gefallenen“

Sanchez hatte die Umwidmung der Gedenkstätte vor allem damit begründet, dass Spanien als „gefestigte und europäische Demokratie“ sich keine Symbole leisten könne, welche die Bevölkerung spalteten. Ein Mausoleum für einen Diktator sei etwa „in Deutschland oder Italien undenkbar“. „Ein Land, das in die Zukunft blickt, muss in Frieden mit seiner Vergangenheit sein“, sagte Sanchez weiter. Er selbst gehöre einer Generation an, die in einer Demokratie aufgewachsen sei. Nun soll dort nach den Plänen der Regierung eine Gedenkstätte für die Opfer des Faschismus entstehen.

Erbaut von politischen Gefangenen

An dem Bau mussten sich zwischen 1940 bis 1959 20.000 politische Gefangene beteiligen. Ein 150 Meter hohes steinernes Kreuz thront über der imposanten Anlage im „Tal der Gefallenen“. Das Grab liegt in einer riesigen Basilika, die in einer künstlichen Höhle in den Berg gebaut wurde.

Franco war als Sieger aus dem Bürgerkrieg von 1936 bis 1939 zwischen seinen rechten Putschisten und den Anhängern der demokratischen Regierung hervorgegangen und herrschte in Spanien bis zu seinem Tod 1975 mit eiserner Faust. Deklariert als Akt der Versöhnung, ließ er die Überreste von mehr als 30.000 Toten des Bürgerkriegs, Nationalisten und Republikaner, ins Valle de los Caidos überführen - meist ohne die Angehörigen darüber zu informieren.

Franco-Anhänger vor dem Mausoleum

Reuters/Javier Barbancho

Anhänger des faschistischen Regimes fanden sich hier regelmäßig ein

Die Basilika diente jedoch vor allem der Verherrlichung Francos - bis in die heutige Zeit: Jährlich fanden dort zum Todestag des Diktators am 20. November Gedenktreffen von Altfranquisten und Neonazis statt, bis die sozialistische Regierung unter Jose Luis Rodriguez Zapatero 2007 ein Verbot erwirkte.

Widerstand der Konservativen

Zaghaften Vorstößen wie jenem der Zapatero-Regierung und Erinnerungsarbeit etwa seitens der im Jahr 2000 gegründeten Asociacion para la Recuperacion de la Memoria Historica (dt.: Vereinigung zum Wiedererlangen des historischen Gedächtnisses) standen starke Widerstände der extremen Rechten bis tief ins konservative bürgerliche Lager des Partido Popular (PP) und der Kirche entgegen.

Auch diesmal reagierte der neue PP-Chef Pablo Casado mit Ablehnung: Die Sanchez-Regierung solle sich lieber um die Zukunft kümmern, als „verheilte Narben unserer schlimmen Vergangenheit“ wieder zu öffnen. Das Thema sei „nicht dringlich“. Die Konservativen kündigten an, gegebenenfalls das Verfassungsgericht anzurufen.

Der Grabstein des faschistischen Diktators Francisco Franco

AP/Andrea Comas

Auch Touristen kamen in Scharen zu der Grabstätte

Familie muss neuen Ort festlegen

Francos sterbliche Überreste sollen seiner Familie übergeben werden, um sie in deren Familiengrab auf dem Pardo-Friedhof bei Madrid beizusetzen. Die Angehörigen Francos sind jedoch strikt gegen die Umbettung. Sie sind nicht die einzigen: Vergangenen Monat folgten mehr als tausend Menschen dem Aufruf einer rechtsextremen Gruppe und demonstrierten gegen die „Plünderung“ von Francos Grab.

Doch auch Andersgesinnte ergreifen die vielleicht letzte Chance, den Bau in seiner jetzigen Form zu sehen. Seit der Ankündigung der Exhumierungspläne gehen die Besucherzahlen in die Höhe: Wurden im Juni 23.135 Menschen gezählt, waren es im Juli 38.269. Die Familie hat nun bis Mitte September Zeit zu bestimmen, wo die Gebeine hingebracht werden sollen. Tut sie das nicht, entscheidet die Regierung.

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