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Putin war nach 1,5 Stunden wieder weg

Es war ein kurzer, aber aufsehenerregender Auftritt des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei der Hochzeit von FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl in der Südsteiermark. Rund eineinhalb Stunden war Putin anwesend, dabei tanzte er mit Kneissl und ließ Kosaken für sie singen.

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Putin traf gegen 14 Uhr bei der Hochzeitsgesellschaft ein. Er reiste entgegen ersten Vermutungen mit einem Autokonvoi vom Flughafen Graz an. Die Pyhrn-Autobahn (A9) wurde deswegen zwischen Kalsdorf und der Abzweigung Vogau/Straß in beiden Richtungen gesperrt. Mit in seinem Auto reiste die Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Ex-First-Lady und Ex-Russland-Botschafterin Margot Klestil-Löffler.

Karin Kneissl und Wladimir Putin

APA/Roland Schlager

Putin tanzte mit der Braut

Putin überreichte der Braut, die ihn vor dem Eingang des Gasthofs Tscheppe, der eigentlichen Hochzeitslocation, erwartete, einen Blumenstrauß. Kurz nach Putin traf auch der Kuban-Kosaken-Chor aus dem südrussischen Krasnodar ein, den Putin als Hochzeitsgeschenk mitgebracht hatte. Der Chor sang für die sichtlich bewegte Kneissl, und Putin tanzte auch mit der Braut auf der Terrasse des Lokals. Nach rund eineinhalb Stunden war alles wieder vorbei: Putin hinterließ seine Unterschrift sowie ein Herz in Rot auf dem Hochzeitsauto von Kneissl und ihrem Mann Wolfgang Meilinger, der sich dafür bedankte.

Putin zu Gast bei Kneissls Hochzeit

Russlands Präsident Wladimir Putin brachte zur Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl am Samstag in der Südsteiermark einen Kosaken-Chor mit.

Meilinger und Kneissl setzten ihre eigene Unterschrift in das Herz, in dem „Das Brautpaar:“ stand. Dann stieg Putin in seine Limousine und fuhr gemeinsam mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wieder Richtung Flughafen, um nach Deutschland zum Treffen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zu fliegen. Dort sagte Putin über seine Visite in Österreich: „Das war ein guter Ausflug, sehr freundlich. Es war ein privater Besuch.“

Sektempfang mit Strache und Hofer

Kneissl und ihr Bräutigam waren zuvor gemeinsam mit Trauzeugin und Trauzeuge in einer Pferdekutsche vorgefahren - gefolgt von zwei geschmückten Traktoren mit Anhängern, auf denen Hochzeitsgäste auf Bänken Platz genommen hatten, darunter auch Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Kurz, der kurz vor Putin angekommen war, sowie Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zogen die Fahrt mit ihren Dienstfahrzeugen vor - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Eindrücke von der Hochzeit

APA/Roland Schlager

Kneissl und ihr Mann Wolfgang Meilinger

Viele der rund 100 Geladenen, wie auch Vizekanzler Strache, kamen in Tracht, genau wie das Brautpaar selbst. Die Trauung fand bei bei sommerlichen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein statt. Für die Vegetarierin Kneissl gab es als Hochzeitsmenü Kürbis-Tofu, für die anderen stand Rindfleisch oder Seesaibling auf der Karte.

Kunasek sieht Wertschätzung für Kneissl

Der Großteil der heimischen Politiker war schon zum Sektempfang am Vormittag in Gamlitz gekommen, darunter Strache, Hofer und Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ). Dass Putin zur Hochzeit komme, sei eine „große Wertschätzung für die Frau Minister Kneissl und auch für die Steiermark beste Werbung“, so Kunasek. Er freute sich, Putin womöglich persönlich kennenzulernen.

In erster Linie gehe es aber um die Feier. Die Kritik an Putin sei unberechtigt, so Kunasek weiter. Österreich und auch Kneissl würden damit zeigen, dass „wir die Diplomatie wieder leben, im besten Sinne“. Die anderen Politiker traten nicht vor die Presse.

Starkes Polizeiaufgebot in Gamlitz

Die Polizei hatte in und rund um Gamlitz ein Großaufgebot an Kräften aufgeboten. Unzählige teils schwer bewaffnete Beamte beobachteten an vielen Stellen entlang der Straße das Geschehen. Einige hundert Polizistinnen und Polizisten und Cobra-Beamte sollen die Hochzeit Kneissls absichern, zudem gibt es ein sicherheitsbehördliches Platzverbot und ein Flugverbot, insbesondere für Drohnen.

Eindrücke von der Hochzeit

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Ein Großaufgebot der Polizei sicherte den Raum in und rund um Gamlitz

Das Gasthaus sowie der dazugehörige Parkplatz waren nur für Geladene zu betreten und befahren. Der umfangreiche Personenschutz für Putin sei ein normaler Vorgang, hieß es aus Diplomatenkreisen. Im Vorfeld hatte es Kritik an den Sicherheitskosten für den russischen Präsidenten gegeben. Putin selbst wurde von eigenen Sicherheitsleuten begleitet. Kneissl übernehme die Kosten für die Hochzeitsfeier, „einschließlich der Kosten für die private Sicherheitsfirma“, hieß es von offizieller Seite. Die Kosten für den Polizeieinsatz trägt das Innenmininsterium.

Außenministerium: Rein privater Arbeitsbesuch

Offiziell wird im Außenministerium betont, der Besuch Putins sei in erster Linie privater Natur und Putin ein persönlicher Gast Kneissls. Gleichzeitig sei es aber auch ein Arbeitsbesuch: Kneissl werde mit Putin am Rande ihrer Hochzeit ein Gespräch führen, hieß es am Freitag aus dem Außenministerium gegenüber ORF.at. Kneissl hatte Putin bei seinem Besuch Anfang Juni in Wien eine persönliche Einladung zu ihrer Hochzeit überreicht, Mitte Juli kam die Zusage. Privat dürfe jeder einladen, wen er will, hieß es aus dem Außenministerium weiter.

Eindrücke von der Hochzeit

APA/Roland Schlager

Kneissl tanzte auch zum Ständchen des Kuban-Kosaken-Chors

Dem Vernehmen nach sollen bei den Ansprachen des Brautpaars sowie von Putin keinerlei politische Inhalte angesprochen worden sein. Dem Gamlitzer Bürgermeister Karl Wratschko (ÖVP) zufolge lobte Putin in seiner Rede die Vorzüge von Kneissl als Außenministerin.

Ein Gast meinte, dass der Besuch Putins „eine Geste für Kneissl“ war: „Mein Gefühl war, dass Putin Kneissl einen Gefallen machen wollte.“ Er meinte auch, dass der russische Präsident fünf bis zehn Minuten über die Außenministerin und ihren Ehemann gesprochen habe. Kneissl selbst habe die Gelegenheit für ein kurzes Gespräch mit Putin in einem Extrazimmer wahrgenommen. Im Zimmer der Hochzeitsgeschenke hätten sich Putin, Kneissl und Entourage aber nur wenige Minuten aufgehalten.

Kurz sprach mit Putin auf dem Weg zum Flughafen

Kurz soll mit Putin auf der Fahrt nach Graz neben bilateralen Fragen auch über die „aktuelle politische Lage und Krisenherde wie die Ukraine, Syrien, Energiepolitik und das Verhältnis EU-Russland“ gesprochen haben, sagte Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. Nach APA-Informationen soll sich Kurz vor seinem Gespräch mit Putin auch noch mit Merkel sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker abgestimmt haben.

SPÖ stellt parlamentarische Anfrage

Putins Einladung hatte im In- und Ausland für Irritationen und Diskussionen gesorgt. Die SPÖ stellte eine parlamentarische Anfrage, die SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried am Samstag auf Twitter teilte. In der an die Außenministerin gerichteten Anfrage betreffend den „Arbeitshochzeitsbesuch des russischen Präsidenten“ bezeichnete er die gewählte Vorgangsweise als „befremdlich, naiv und geeignet, nachhaltigen Schaden an Österreichs außenpolitischer Position anzurichten“.

Da Österreich aktuell die EU-Ratspräsidentschaft innehabe und somit die Union nach außen vertrete, sei es „umso symbolischer und schädlicher“, Putin „in dieser Art und Weise zu hofieren“, so Leichtfried. Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon forderte den Rücktritt Kneissls, die Liste Pilz übte scharfe Kritik an den Kosten des Besuchs. Auch der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas sieht die Teilnahme von Putin an der Hochzeit kritisch.

Kritik aus Ukraine

Kritik kam zuvor auch aus der Ukraine. Die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, erklärte, dass Österreich mit der Hochzeitseinladung für Putin nun kein neutraler Vermittler in der Ukraine mehr sein könne. Der Russland-Experte Gerhard Mangott wertete den Putin-Besuch ebenfalls als „nachteilig“ für die Glaubwürdigkeit Österreichs, dafür gut für Kneissl, die FPÖ und Putin selbst.

Der Besuch schüre das Misstrauen, dass Österreich ein trojanisches Pferd Russlands in der EU sei, sagte Mangold am Donnerstag. Zugleich erfahre die russlandnahe FPÖ „eine deutliche Aufwertung“. Putin erhalte im Gegenzug die Gelegenheit zu demonstrieren, dass er nicht isoliert sei, sondern in einem EU-Land auch gesellschaftlich hochwillkommen.

Der bekannte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny kritisierte Samstagnachmittag auf Twitter, dass Putin mit der Einladung eines Kosaken-Chors insbesondere Klischees bedient habe. Seine Wortmeldung illustrierte er mit dem Tanzfoto von Kneissl und Putin. Er habe gedacht, dass das alles ein Witz sei, so Nawalny. Putin hätte eigentlich noch Bären mitbringen und Wodka auf silbernen Untersetzern verteilen sollen, so der Oppositionelle.

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