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Beziehungen sollen ausgebaut werden

Nach US-Sanktionen und mitten in einer Währungskrise erhält die Türkei Unterstützung von Katar. Der Golfstaat wolle 15 Milliarden Dollar (13,2 Mrd. Euro) in die Türkei investieren, teilte der Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, am Mittwoch nach einem Treffen Erdogans mit dem Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, mit.

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Die Beziehungen zwischen der Türkei und Katar basierten auf wahrer Freundschaft und Solidarität, schrieb Kalin. Wie genau diese Investitionen aussehen sollen, war zunächst unklar: Informationen aus Regierungskreisen zufolge soll das Geld in die Finanzmärkte und Banken gehen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, der Emir habe zudem betont, dass er die Beziehungen zwischen den beiden Ländern ausbauen wolle.

Recep Tayyip Erdogan und Emir Sheikh Tamim bin Hamad Al Thani

AP/Presidential Press Service

Tamim will Erdogan in Krisenzeiten zur Seite stehen

Im Juni vergangenen Jahres hatte die Türkei das Golfemirat unterstützt, nachdem Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain eine Blockade über Katar verhängt hatten. Sie warfen Katar unter anderem die Unterstützung von Terrorgruppen vor, was das Emirat zurückwies. Der Kurs der seit Monaten schwächelnden türkischen Lira war am Freitag nach US-Sanktionen gegen die Türkei und am Montag abgestürzt. Er erholte sich zuletzt leicht.

Türkei: Strafzölle gegen USA

Unterdessen verhängte die Türkei nach neuen Strafzöllen der USA nun ihrerseits Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten. Sie heizte damit die Auseinandersetzung, die die Lira schwer hatte einbrechen lassen, weiter an. Eine Mittwochfrüh im Staatsanzeiger veröffentlichte Liste nannte 22 zusätzliche Zölle. Laut der Liste stiegen etwa die Einführungsgebühren für US-Autos, alkoholische Getränke, kosmetische Produkte, Tabak, Papier und Reis aus den Vereinigten Staaten.

Während aus der im Staatsanzeiger veröffentlichten Liste zunächst hervorging, dass die Einfuhrgebühren für US-Autos beispielsweise um 120 Prozent steigen sollen, stellte Handelsministerin Ruhsar Pekcan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu klar, dass es sich um eine Verdopplung der Zölle handle - im Fall der US-Autos auf 120 Prozent. Die Einfuhrgebühren für alkoholische Getränke aus den USA stiegen etwa auf 140 Prozent, die für kosmetische Produkte und Tabak auf 60 Prozent, die für Papier und Reis auf 50 Prozent.

„Bewusste Angriffe der USA“

Der stellvertretende Präsident Fuat Oktay twitterte, die Türkei habe dem Prinzip der Gegenseitigkeit folgend nach den „bewussten Angriffen der US-Regierung Steuern auf einige Produkte aus den USA“ erhoben. Am Vortag hatte Erdogan angekündigt, elektronische Produkte aus den USA boykottieren zu wollen. Er erwähnte auch iPhones des Herstellers Apple. Zusätzliche Zölle auf elektronische Geräte und ein Einfuhrverbot fanden sich in der Liste aber nicht.

„Türkei muss sich verteidigen“

Hintergrund des Streits ist das Schicksal des in der Türkei wegen Terrorvorwürfen festgehaltenen US-Pastors Andrew Brunson. Die USA fordern seine sofortige Freilassung. Aus Frustration über mangelnde Fortschritte in den Verhandlungen hatte US-Präsident Donald Trump am Freitag Zölle auf die Einfuhr von türkischem Stahl und Aluminium stark erhöht. Erdogan sprach daraufhin von einem „Wirtschaftskrieg“. Erdogan-Sprecher Kalin sagte am Mittwoch, die Türkei wolle keinen „Wirtschaftskrieg“, sein Land müsse sich aber wehren, wenn es angegriffen werde.

Lira-Kurs erholt sich leicht

Der Kurs der seit Monaten schwächelnden Lira war am Freitag und am Montag abgestürzt. Er erholte sich am Dienstag und Mittwoch leicht, was Analysten auf erste Notmaßnahmen der Zentralbank zur Stützung der Lira und auf die Ankündigung zurückführten, dass Finanzminister Berat Albayrak am Donnerstag per Telefonkonferenz mit Investoren unter anderem aus den USA und Europa sprechen werde.

Die US-Regierung wies die Verantwortung für die wirtschaftlichen Probleme in der Türkei zurück. Diese hätten nicht erst begonnen, „als wir am 1. August dieses Jahres Sanktionen gegen zwei Personen verhängt haben“, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums.

Suche nach Verbündeten in Europa

Die Türkei suchte am Dienstag die Annäherung an Europa. Albayrak betonte in einer Rede in Ankara, dass eine Vertiefung der Beziehungen zu Europa und eine langfristige Zusammenarbeit die beste Antwort auf die Bedrohung durch die USA seien. Er fügte hinzu, dass Äußerungen unter anderen der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gezeigt hätten, wie „unfair und böswillig“ es sei, was der Türkei widerfahre.

Merkel hatte sich am Montag besorgt über die Lage in der Türkei geäußert. Die EU profitiere von einer stabilen Wirtschaftslage in ihrer Nachbarschaft. „Deutschland möchte jedenfalls eine wirtschaftlich prosperierende Türkei“, hatte sie gesagt. Noch im vergangenen Jahr war das deutsch-türkische Verhältnis unter anderem wegen der Inhaftierung mehrerer Deutscher in der Türkei zerrüttet gewesen. Die deutsche Regierung will Erdogan Ende September zu einem Staatsbesuch in Deutschland empfangen.

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